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Do, 20.07.17

Der Tag geht gut los. Kurz bevor ich zu Zug fahren will, geht ein kräftiges Regenguss runter. Aber ich habe Glück und komme trocken zum Bahnhof. Dafür warte ich ewig auf den Thaly. Alle Züge aus Essen haben 25 Minuten Verspätung, weil wiedermal Personen im Gleis waren. In Paris muss ich wie immer den Bahnhof wechseln. Mutig stürze ich mich in den Verkehr und stelle fest, dass ich schneller als das Taxi, dass mich da durch Paris befördert hatte, bin. Ja, und hätte ich mal das Ticket nach Angers vor 4 Wochen via Internet gekauft – jetzt bezahle ich 22 € mehr. Der Zug fährt 1,5 Stunden ohne Halt durch. In Angers angekommen fühle ich mich sofort heimisch. Ich starte in Richtung Atlantik auf dem Loire-Radweg und strampele 45 km. Ich bin froh, dass ich vor dem Urlaub noch gesund abgespeckt habe. Acht kg weniger machen sich schon bemerkbar. Vor allem sehe ich in meiner Fahrradkluft nicht mehr aus wie eine Presswurst. Bin schließlich nicht Mariah Carey. Es ist hier, als wäre nicht ein Jahr vergangen. Der Aufbau des zeltes läuft wie geschmiert und somit kann ich noch einkaufen gehen, was man bekanntlich nicht hungrig machen soll. Die letzte Mahlzeit ist 6 Stunden her und bestand aus 2 Cheeseburgern von McD. Das war übrigens cool, denn man bestellt per Automat. Wieder zurück auf dem Campingplatz beschließe ich, mal über den Loirestrand zu laufen. Bei einem kurzen Trip mit nackten Füßen über Schiefergestein schneide ich mir prompt die Ferse auf. Es blutet sofort los und ich muss noch zurück durch den Sand. Habe ganz schön zu tun, dass ich anschließend den ganzen Dreck aus der Wunde bekomme. Es tut ziemlich weh. Abends 10 Uhr krieche ich voller Freude in meinen Schlafsack, denn es ist inzwischen empfindlich kühl. Ich schreibe auf meinem Tablet meine erlebnisse nieder und benutze dazu den Texteditor und vor allem das erste Mal in meinem Leben die Wortvervollständigung. Wie geil ist das denn! Wahnsinn! Bei meinem Handy hatte ich den von Anfang an ausgeschaltet, weil ich davon genervt war.

Da hier auf dem Platz fast nur Radfahrer sind, ist heute schon um halb elf Ruhe. Herrlich!!!

 

Fr, 21.07.17

Diesen Tag muss ich jetzt nach über vier Wochen beim Übertragen auf die Homepage aus der Erinnerung aufschreiben, da ich vergessen habe, die Tageseintragung zu machen. Auf dem Loire-Radweg fahre ich getreulich weiter bis kurz vor Nantes. Es ist noch früh an Nachmittag, so dass ich der Stadt einen Besuch abstatten kann. Nantes ist eine Großstadt, hat aber schöne Ecken. Als erstes gucke ich mir das Schloss der Herzöge der Bretagne an. Es ist das letzte Schloss an der Loire, bevor diese in den Atlantik mündet. Somit habe ich jetzt den Loire-Radweg „la Loire à vélo“ von Sully-sur-Loire bis zum Atlantik. Den Rest mache ich vielleicht im nächsten Jahr. Weiterhin gibt es eine Kathedrale und auf der Ile d' machines den mit 12 Metern Höhe großen Elefanten „Le Grand Eléphant“ - das größte Objekt,40 Tonnen schwer und beweglich. Und dann gibt es noch das Museumsschiff – der französische Zerstörer D 627 Maillé-Brézé, von dem ich aber erst am nächsten Tag ein Foto gemacht habe, weil es genau am anderen ende der Stadt vor Anker liegt.

 

Sa, 22.07.17

Diese verfluchte Tablet lässt mich nicht ins Internet, obwohl es damit verbunden ist.

Um 10 Uhr starte ich heute vom Campingplatz, eine Stunde später bin ich schon durch Nantes durch. Ich versuche dem Radweg zu folgen, setze (kostenlos!!!) mit der Fähre über, fahre verschlungene Wege und verliere irgendwann den Radweg. Muss bei einer Fahrt bergab passiert sein. Da übersieht man schon mal so ein kleines Hinweisschildchen. Ich fahre dann eine normale Autostraße und siehe an – kurz vor'm Ziel mündet da auch der Radweg ein. Zweimal hat mich heute ein 'Regenschauer überrascht. Aber ich habe mich immer rechtzeitig unterstellen können. Und eine Patisserie hat mich gerettet, als ich die Nase schon ziemlich voll hatte.Fünf Minuten spätter hätte ich übrigens vor verschlossener Tür gestanden. So lass ich es mir in einem Buswartehäuschen schmecken und setze meinen Weg gestärkt zurück. Dass ich nach dieser Pause ohne Fahrradhandschuhe weitergefahren bin, habe ich erst einige hundert Meter später gemerkt. Ich habe sie einzeln in einigen Metern Abstand wieder aufgelesen. Auf dem Campingplatz in Paimboeuf brauche ich zwei Anläufe, bis mein Zelt steht, da ich auf dem ersten Emplacement die Häringe nicht in den Boden bekomme. Muss ich aber, denn es ist sehr windig. Ansonsten ist es schön hier, denn ich bin direkt am Fluss und es duftet nach Pinien.

 

So, 23.07.17

Ich penne bis 9 Uhr, packe erstmal, gehe duschen und frühstücke anschließend. Um 11 Uhr starte ich und !2.15 Uhr stehe ich an der letzten Brücke über die Loire – in Saint-Brevin-les-Pins. Auf der anderen Seite befindet sich Saint Nazaire. Dorthin zu kommen, entpuppt sich für mein Faltrad als ganz schöne Schinderei. Ich brauche drei kurze Verschnauppausen, bis ich über die 3,3 km lange Schrägseilbrücke drüber bin. Auf der anderen Seite fängt es kräftig an zu regnen – nicht nur ein Schauer sondern Dauerregen – also ist Umziehen angsagt. Weiter geht es im Zickzack durch die Stadt, freu mich als irgendwann auf den Radweg „Velo Ocean“ stoße. An einer Weggabelung nehme ich den falschen Abzweig, komme aber trotzdem ans Ziel Pornichet. Auf dem dortigen Campingplatz ist die Rezeption zu. Ich bin patschnass und auf Frieren und Warten habe ich keine Lust. Ich setze mir ein neues Ziel und getreu dem Motto „viele Wege führen nach Rom“, gelange ich inclusive einer Kreisfahrt nach Guérande. Ich schaue mir nur kurz den Ort an, hinterher bedauere ich es. Bis zum Campingplatz sind es noch 3 km. Dort ist die Rezeption auch zu und man soll anrufen. Ein hilfsbereiter Camper sieht mich und ruft die Nummer an. Kurze Zeit später darf ich mich installieren und bekomme sogar noch ein Baguette zu kaufen.

Da der Regen inzwischen aufgehört hat, kann ich sogar meine Sachen zum ersten Antrocknen aufhängen.

 

 

Mo,​ ​24.07.17

Es​ ​ist​ ​schönes​ ​Wetter.​ ​Also​ ​ziehe​ ​ich​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​erstmal​ ​um,​ ​damit​ ​ich​ ​alles​ ​trocken bekomme.​ ​Es​ ​war​ ​letzte​ ​Nacht​ ​so​ ​ruhig,​ ​dass​ ​ich​ ​ohne​ ​Ohrenstöpsel​ ​schlafen​ ​konnte.​ ​Um 10​ ​Uhr​ ​lege​ ​ich​ ​ab,​ ​fahre​ ​erstmal​ ​Straße​ ​und​ ​ab​ ​St.​ ​Molf​ ​gibt​ ​es​ ​einen​ ​Radweg.​ ​Später​ ​muss ich​ ​wieder​ ​Straße​ ​fahren​ ​-​ ​immer​ ​parallel​ ​zur​ ​National​ Route​ ​165.​ ​In​ ​der​ ​Nähe​ ​von​ ​Theix schlage​ ​ich​ ​mein​ ​Lager​ ​auf.​ ​Auf​ ​dem​ ​Weg​ ​zum​ ​Campingplatz​ ​kommt​ ​in​ ​einem​ ​Dorf​ ​plötzlich ein​ ​Köter​ ​aus​ ​einem​ ​Hof​ ​geschossen,​ ​verfolgt​ ​mich​ ​ca.​ ​100​ ​m​ ​weit​ ​und​ ​beißt​ ​mich​ ​ständig​ ​in den​ ​Oberschenkel.​ ​Alles​ ​Rufen​ ​von​ ​Frauchen​ ​nützt​ ​nichts,​ ​aber​ ​irgendwann​ ​gibt​ ​er​ ​auf. Glücklicherweise​ ​hat​ ​die​ ​Radlerhose​ ​gehalten,​ ​aber​ ​blaue​ ​Flecken​ ​habe​ ​ich​ ​trotzdem bekommen.​ ​Meine​ ​Campingplatzwirte,​ ​die​ ​gut​ ​Englisch​ ​sprechen,​ ​sind​ ​sehr​ ​nett​ ​und​ ​besorgt und​ ​auch​ ​sonst​ ​sehr​ ​aufmerksam,​ ​bieten​ ​mir​ ​Kühlung​ ​an.​ ​Da​ ​ich​ ​nochmal​ ​zur​ ​Stadt​ ​zum Einkaufen​ ​fahren​ ​muss,​ ​frage​ ​ich,​ ​ob​ ​es​ ​einen​ ​anderen​ ​Weg​ ​gibt,​ ​da​ ​ich​ ​nicht​ ​wieder​ ​an​ ​dem Köter​ ​vorbei​ ​will.​ ​Es​ ​gibt​ ​einen​ ​zweiten​ ​Weg.​ ​Zur​ ​Stadt​ ​ist​ ​es​ ​kein​ ​Problem​ ​zu​ ​kommen,​ ​aber zurück​ ​fahre​ ​ich​ ​einen​ ​Riesenumweg,​ ​was​ ​später​ ​zur​ ​Erheiterung​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​führt.​ ​Dazu ziehe​ ​ich​ ​am​ ​Zelt​ ​angekommen​ ​die​ ​Vorderbremse​ ​zu​ ​sehr​ ​durch,​ ​komme​ ​abrupt​ ​auf​ ​der​ ​Wiese zum​ ​Stehen,​ ​verliere​ ​das​ ​Gleichgewicht​ ​und​ ​lande​ ​unsanft​ ​auf​ ​Po​ ​und​ ​Rucksack,​ ​wobei​ ​mir ein​ ​Teil​ ​vom​ ​Einkauf​ ​ein​ ​wenig​ ​kaputt​ ​geht.​ ​Der​ ​ganz​ ​Sack​ ​riecht​ ​nach​ ​Fischmayo​ ​und Coleslaw.

 

Di, 25.07.17

Es scheint die Sonne – hurra. Ich wache 7.30 Uhr auf und lasse mir alle Zeit der Welt. Halb elf starte ich schließlich nach Vannes – fast ausschließlich Radweg. In Vannes werden Erinnerungen wach. Hier war ich 2x mit Reinhard, meinem vor fast 4 Jahren verstorbenm Lebensgefährten. Uns gefiel dieser Ort mit seinen vielen Fachwerkhäusern und dem chateau mit den vielen Blumen im Hof immer ausgesprochen gut. In der Kathedrale möchte ich eine Kerze für ihn anzünden. Als ich gerade dabei bin, fängt die Orgel an zu spielen und bei mir öffnen sich die Schleusen. Ich kann nicht anders, als auf die Knie zu gehen und in Andacht zu versinken.

Dnach setze ich meinen Weg fort. Ich will heute nur bis Auray kommen. Dort baue ich mein Zelt auf und schau mir den Ort an. Ist 11 Jahre her, dass ich hier war. Da es abends recht kühl wird, muss ich nochmal zum Campingplatz zurück, esse dort fix Abenbrot und fahre zum Hafen zurück. Schön ist es hier – Fachwerkhäuser, kleine bunte Schiffe, speisende Leute in den gut besuchten Gaststätten und Livemusik eines Franzosen mit Gitarre. Es ist ein richtig schön kitschiges Flair. Ich sitze dabei auf einer Bank und schreibe dazu meine Tageserlebnisse auf.

 

Mi, 26.07.17

Es hat heute Nacht geregnet. Ich werde halb acht wach und es regnet noch immer. Ich überlege, was ich machen soll – weiterfahren oder bleiben oder mit dem Zug bis Quimper fahren. Ich gucke mir nochmals die Strecke an und liebäugele mit dem Zug. Erstmal frühstücken und dann entscheiden! Irgendwann merke ich, dass ich gar keine Regengeräusche mehr höre. Auch während meiner Morgentoilette bleibt es trocken. Also wird gepackt. Das Außenzelt ist zwar noch nass, aber was soll's. Die Regenjacke ziehe ich aber trotzdem an, denn es fängt wieder an zu pieseln. Bis ich in Auray den Berg erklommen habe, ist Zeit sich zu entscheiden, selbst zu fahren oder den Zug zu nehmen. Ich besiege den inneren Schweinehund. Über Brech, Landevant, Nostang geht es bis Merlevenez. Dort sehe ich, dass es in einer gemütlichen Kneipe Fish & Chips für 5,50 € gibt. Ich kehre ein und lass es mir schmecken. Inzwischen ist es auch schon eine Weile regenfrei und ich kann die Jacke ausziehen. Mich fröstelt's, weil der Wind ja trotzdem geht. Aber bald habe ich mich warm gestrampelt. Über Kervignac (hätte ich auch kürzer haben können), Hennebont, Caudan, Pont-Scorff gelange ich zu einem Campingplatz in dessen Nähe. Die letzte halbe Stunde hat es schon wieder gepieselt und ich bau mein Zelt bei Wind und Regen auf. Einkaufen muss ich auch noch – es kostet jedesmal nach den Tagesmühen Überwindung, nochmals das Rad zu besteigen. Aber ich genieße es dann immer wieder, so ohne Gepäck zu fahren.

Auf dem Campingplatz gibt es endlich mal gutes Internet und ich kann mir endlich eine Schreibprogramm auf das Tablet laden. Ist schon gut, nachdem der einfache Texteditor voll war und ich in den letzten drei Tages handschriftliche Aufzeichnungen machen musste.

 

 

Do,​ 27.07.17

Halb​ ​acht​ ​werde​ ​ich​ ​munter​ ​und​ ​es​ ​hat​ ​über​ ​Nacht​ ​aufgehört​ ​zu​ ​regnen.​ ​Das​ ​Zelt​ ​ist​ ​auch schon​ ​ein​ ​bisschen​ ​abgetrocknet.​ ​Ich​ ​packe​ ​trotzdem​ ​im​ ​Zelt​ ​alles​ ​zusammen,​ ​denn​ ​ich traue​ ​dem​ ​Wetter​ ​nicht.​ ​Dann​ ​wird​ ​schon​ ​das​ ​Innenzelt​ ​zusammengerollt​ ​und​ ​das​ ​Außenzelt umgestellt.​ ​Als​ ​ich​ ​später​ ​das​ ​Gestänge​ ​entferne,​ ​merke​ ​ich,​ ​dass​ ​das​ ​hintere​ ​kaputt​ ​ist. Was​ ​nun?​ ​Das​ ​Dings​ ​hat​ ​tragende​ ​Funktion.​ ​Ich​ ​versuche​ ​es​ ​erstmal​ ​mit​ ​Pflaster​ ​und verstaue​ ​es​ ​irgendwie,​ ​da​ ​es​ ​sich​ ​nun​ ​nicht​ ​mehr​ ​klappen​ ​lässt.​ ​Um​ ​10​ ​Uhr​ ​starte​ ​ich,​ ​fahre über​ ​Quimperle,​ ​Bannalec​ ​bis​ ​Rosperden.​ ​Da​ ​ich​ ​Morbihan​ ​inzwischen​ ​verlassen​ ​habe​ ​und nun​ ​in​ ​Finistere​ ​bin,​ ​brauche​ ​ich​ ​eine​ ​neue​ ​Touristenkarte.​ ​Das​ ​Office​ ​de​ ​Tourismen​ ​macht erst​ ​in​ ​einer​ ​halben​ ​Stunde​ ​wieder​ ​auf​ ​und​ ​so​ ​hole​ ​ich​ ​mir​ ​einen​ ​Döner​ ​und​ ​platziere​ ​mich vorm​ ​Büro.​ ​Meine​ ​Karte​ ​bekomme​ ​ich​ ​und​ ​Kraft​ ​habe​ ​ich​ ​auch​ ​noch.​ ​Also​ ​hänge​ ​ich​ ​noch​ ​22 km​ ​ran​ ​und​ ​ziehe​ ​durch​ ​bis​ ​Quimper.​ ​Der​ ​Campingplatz​ ​ist​ ​kommunal​ ​und​ ​eine​ ​Katastrophe für​ ​Zeltende.​ ​Es​ ​gibt​ ​nur​ ​wenig​ ​Rasen​ ​und​ ​die​ ​Zelte​ ​stehen​ ​dicht​ ​an​ ​dicht.​ ​Für​ ​eine​ ​Nacht muss​ ​es​ ​gehen.​ ​Beim​ ​Zeltaufbau​ ​hält​ ​das​ ​Gestänge​ ​nicht..Ich​ ​probiere​ ​es​ ​mit​ ​der​ ​Hülse​ ​aus dem​ ​Reparaturset​ ​und​ ​siehe​ ​da,​ ​es​ ​funktioniert.​ ​Dann​ ​wird​ ​endlich​ ​Wäsche​ ​gewaschen​ ​und in​ ​die​ ​Stadt​ ​gefahren.​ ​Endlich​ ​lerne​ ​ich​ ​sie​ ​bei​ ​schönem​ ​Wetter​ ​kennen.​ ​Vor​ ​elf​ ​Jahren​ ​hatte es​ ​stark​ ​geregnet.​ ​Abends​ ​dann​ ​schaue​ ​ich​ ​mir​ ​die​ ​Route​ ​für​ ​morgen​ ​an​ ​und​ ​checke​ ​gleich mal,​ ​wie​ ​ich​ ​aus​ ​der​ ​Stadt​ ​komme​ ​und​ ​nicht​ ​auf​ ​einer​ ​National​ ​Route​ ​lande.

 

Fr,​ ​28.07.17

Um​ ​6​ ​Uhr​ ​kommt​ ​die​ ​Müllabfuhr.​ ​Dumm​ ​nur,​ ​dass​ ​die​ ​Mülltonnen​ ​gleich​ ​bei​ ​den​ ​Zeltenden stehen.​ ​Ich​ ​schlafe​ ​nochmal​ ​ein​ ​und​ ​stehe​ ​um​ ​7​ ​Uhr​ ​auf.​ ​So​ ​kommt​ ​es,​ ​dass​ ​ich​ ​schon​ ​um 9.15​ ​Uhr​ ​den​ ​Campingplatz​ ​verlasse.​ ​Mein​ ​Tempo​ ​lässt​ ​heute​ ​sehr​ ​zu​ ​wünschen​ ​übrig. Gleich​ ​am​ ​Anfang​ ​muss​ ​ich​ ​einen​ ​ewig​ ​langen​ ​Anstieg​ ​schieben.​ ​Dann​ ​nach​ ​5​ ​km​ ​springt mir​ ​die​ ​Kette​ ​vom​ ​Antriebsritzel​ ​und​ ​ich​ ​finde​ ​ewig​ ​keine​ ​breitere​ ​Stelle,​ ​wo​ ​ich​ ​das​ ​Rad

aufbocken​ ​kann.​ ​Also​ ​schiebe​ ​ich​ ​auch​ ​auf​ ​gerader​ ​Strecke.​ ​Irgendwann​ ​kann​ ​ich​ ​aber​ ​doch das​ ​Rad​ ​reparieren​ ​und​ ​wieder​ ​aufsteigen.​ ​Ich​ ​bin froh,​ ​als​ ​ich​ ​Landulec​ ​erreiche,​ ​denn​ ​ab​ ​da kann​ ​ich​ ​eine​ ​ruhigere​ ​Strecke​ ​über​ ​Guiler-sur-Goyen,​ ​Mahalon​ ​bis​ ​Pont-Croix​ ​nehmen. Auf​ ​dieser​ ​Route​ ​geht​ ​es​ ​auch​ ​nicht​ ​ewig​ ​hoch​ ​und​ ​runter.​ ​Weiter​ ​geht​ ​es​ ​über​ ​Esquibien nach​ ​Plogoff​ ​-​ ​eine​ ​Hammerstrecke.​ ​Bis​ ​zum​ ​Pointe​ ​du​ ​Raz​ ​ist​ ​es​ ​nicht​ ​mehr​ ​weit.​ ​Wenn jetzt​ ​ein​ ​Campingplatz​ ​käme,​ ​wäre​ ​das​ ​ideal.​ ​Und​ ​tatsächlich​ ​-​ ​es​ ​ist​ ​einer​ ​ausgeschildert. Und​ ​ich​ ​kenne​ ​diesen​ ​Platz.​ ​Hier​ ​war​ ​ich​ ​damals​ ​mit​ ​Reinhard​ ​für​ ​eine​ ​Nacht​ ​und​ ​ich​ ​werde vom​ ​Wirt​ ​in​ ​die​ ​gleiche​ ​Ecke​ ​eingewiesen.​ ​Es​ ​fehlt​ ​nur​ ​noch​ ​die​ ​Dudelsackmusik,​ ​die​ ​damals aus​ ​einem​ ​der​ ​Häuser​ ​tönte.​ ​Das​ ​Zelt​ ​wird​ ​aufgebaut,​ ​Wäsche​ ​aufgehängt​ ​und​ ​dann​ ​geht​ ​es wieder​ ​auf’s​ ​Rad.​ ​Schnell​ ​bin​ ​ich​ ​am​ ​Pointe ​du​ ​Raz​ ​angelangt,​ ​parke​ ​mein​ ​Rad,​ ​futter​ ​in einer​ ​Creperie​ ​ein​ ​Galette​ ​mit​ ​Schinken,​ ​Ei​ ​und​ ​Käse​ ​und​ ​schau​ ​mir​ ​die​ ​Auslagen​ ​der Souvenirläden​ ​an.​ ​Danach​ ​geht’s​ ​per​ ​pedes​ ​zur​ ​Spitze​ ​des​ ​Pointes.​ ​Dort​ ​lass​ ​ich​ ​mir​ ​es nicht​ ​nehmen​ ​mich​ ​noch​ ​weiter​ ​nach​ ​vorn​ ​zu​ ​wagen.​ ​Ich​ ​kann​ ​nach​ ​Herzenslust​ ​klettern​ ​und keiner​ ​hat​ ​Bedenken.​ ​Abends​ ​steht​ ​der​ ​alltägliche​ ​Einkauf​ ​an.​ ​Im​ ​Ort​ ​gibt​ ​es​ ​nur​ ​einen kleinen​ ​Laden,​ ​der​ ​nicht​ ​das​ ​Gewünschte​ ​hat.​ ​Das​ ​heißt,​ ​3​ ​km​ ​den​ ​Berg​ ​runter​ ​zum nächsten​ ​Supermarkt,​ ​die​ ​ich​ ​anschließend​ ​wieder​ ​hoch​ ​fahren​ ​darf.​ ​Später​ ​auf​ ​dem​ ​Platz quatsche​ ​ich​ ​mit​ ​Neuankömmlingen​ ​per​ ​Rad.​ ​Noch​ ​später​ ​kommen​ ​noch​ ​welche​ ​mit​ ​Auto, die​ ​sich​ ​allein​ ​auf​ ​der​ ​Welt​ ​fühlen.​ ​Zum​ ​einen​ ​bauen​ ​sie​ ​ihr​ ​Zelt​ ​sehr​ ​nah​ ​an​ ​meinem​ ​auf, zum​ ​anderen​ ​spielt​ ​laut​ ​das​ ​Radio.​ ​Auf​ ​meine​ ​Bitte​ ​hin​ ​machen​ ​sie​ ​es​ ​wenigstens​ ​leiser.

 

Sa,​ ​29.07.17

Es​ ​regnet.​ ​Ab​ ​halb​ ​7​ ​wache​ ​ich​ ​im​ ​Halbstundentakt​ ​auf.​ ​Gegen​ ​9​ ​beschließe​ ​ich aufzustehen,​ ​aber​ ​nicht​ ​weiterzufahren.​ ​Frühstück​ ​gibt​ ​es​ ​heute​ ​im​ ​Zelt​ ​unter​ ​Beachtung sämtlicher​ ​Vorsichtsmaßnahmen​ ​wie​ ​z.B.​ ​Flasche​ ​zuschrauben​ ​vorm​ ​Schütteln​ ​und​ ​nicht krümeln.​ ​Anschließend​ ​geht's​ ​duschen​ ​und​ ​wird​ ​weitere​ ​Routenplanung​ ​gemacht.​ ​Danach krieche​ ​ich​ ​wieder​ ​in​ ​meinen​ ​Schlafsack​ ​und​ ​spiele​ ​auf​ ​dem​ ​Tablet​ ​Spider​ ​Solitär.​ ​Der Regen​ ​hört​ ​auf​ ​und​ ​der​ ​Nebel​ ​hat​ ​sich​ ​auch​ ​verflüchtigt.​ ​Nach​ ​eins​ ​mache​ ​ich​ ​mich​ ​fertig, um​ ​eine​ ​Tour​ ​durch​ ​die​ ​Gegend​ ​zu​ ​machen​ ​und​ ​stelle​ ​fest,​ ​dass​ ​der​ ​vordere​ ​Reifen​ ​vom Fahrrad​ ​einen​ ​Platten​ ​hat.​ ​Also​ ​muss​ ​ich​ ​erstmal​ ​flicken.​ ​Ich​ ​spiele​ ​kurz​ ​mit​ ​dem​ ​Gedanken, das​ ​Reparaturspray​ ​zu​ ​nehmen,​ ​entscheide​ ​mich​ ​aber​ ​dagegen.​ ​Dann​ ​hab​ ​ich​ ​es​ ​noch, wenn​ ​mal​ ​unterwegs​ ​was​ ​sein​ ​sollte.​ ​Halb​ ​drei​ ​starte​ ​ich​ ​endlich​ ​zu​ ​meiner​ ​Tour,​ ​bin​ ​halb sechs​ ​wieder​ ​da,​ ​um​ ​nochmal​ ​die​ ​3​ ​km​ ​zum​ ​Pointe​ ​du​ ​Raz​ ​zu​ ​fahren,​ ​weil​ ​das​ ​Wetter​ ​immer noch​ ​schön​ ​ist.​ ​Am​ ​Ziel​ ​angekommen​ ​überrascht​ ​mich​ ​und​ ​etliche​ ​andere​ ​nach​ ​einer​ ​Weile immer​ ​dichter​ ​werdender​ ​Nebel​ ​und​ ​peitschender​ ​Nieselregen.​ ​Bis​ ​zum​ ​Unterschlupf​ ​am Leuchtturm​ ​sind​ ​es​ ​etliche​ ​Meter,​ ​und​ ​jeder​ ​der​ ​dort​ ​ankommt​ ​sieht​ ​aus​ ​wie​ ​eine​ ​gebadete Maus.​ ​Ewig​ ​hoffe​ ​ich,​ ​dass​ ​es​ ​besser​ ​wird,​ ​aber​ ​nichts​ ​tut​ ​sich.​ ​Dann​ ​entschließe​ ​ich​ ​mich, den​ ​Weg​ ​zu​ ​meinem​ ​Fahrrad​ ​durch​ ​Nebel​ ​und​ ​Niesel​ ​anzutreten.​ ​Der​ ​Weg​ ​scheint​ ​kein Ende​ ​zu​ ​nehmen.​ ​Immer​ ​wieder,​ ​wenn​ ​ich​ ​denke,​ ​ich​ ​sehe​ ​endlich​ ​das Informationsgebäude,​ ​entpuppt​ ​sich​ ​das​ ​Gesehene​ ​als​ ​Bunker​ ​oder​ ​Strauch.​ ​Schließlich​ ​bin ich​ ​doch​ ​da,​ ​schnappe​ ​mein​ ​Rad​ ​und​ ​fahre​ ​wenigstens​ ​mit​ ​Rückenwind​ ​zum​ ​Campingplatz. Der​ ​Platzwirt​ ​kommt​ ​gleich​ ​auf​ ​mich​ ​zu​ ​und​ ​sagt,​ ​dass​ ​es​ ​einen​ ​Raum​ ​gibt,​ ​wo​ ​ich​ ​mich aufhalten​ ​kann.​ ​Es​ ​ist​ ​eine​ ​Scheune​ ​mit​ ​allerlei​ ​nützlichen​ ​(​ ​Rasenmäher,​ ​Holz, Warmwasserboilern)und​ ​unnützen​ ​Dingen​ ​(ausrangierte​ ​uralte​ ​Möbel,​ ​eine​ ​Autotür​ ​usw.), Kühlschrank,​ ​Mikrowelle​ ​und​ ​Tischen​ ​und​ ​Bänken.​ ​Es​ ​riecht​ ​nach​ ​Maschinen​ ​aber​ ​ich​ ​finde

es​ ​toll.​ ​Falls​ ​morgen​ ​wieder​ ​schlechtes​ ​Wetter​ ​ist,​ ​hänge​ ​ich​ ​noch​ ​eine​ ​Nacht​ ​auf​ ​diesen Platz​ ​ran.

 

So,​ ​30.07.17

Alle​ ​möglichen​ ​Geräusche​ ​lassen​ ​mich​ ​zeitig​ ​erwachen.​ ​Ich​ ​schlafe​ ​aber​ ​wieder​ ​ein​ ​und werde​ ​endgültig​ ​um​ ​9​ ​Uhr​ ​munter.​ ​Inzwischen​ ​regnet​ ​es​ ​auch​ ​nicht​ ​mehr​ ​und​ ​die​ ​Sonne zeigt​ ​sich.​ ​Weiß​ ​noch​ ​​ ​nicht,​ ​​ ​was​ ​ich​ ​machen​ ​soll​ ​-​ ​also​ ​gibt​ ​es​ ​erstmal​ ​Frühstück.​ ​Das​ ​hilft bei​ ​der​ ​Entscheidungsfindung​ ​und​ ​ich​ ​packe.​ ​Das​ ​Zelt​ ​bekomme​ ​ich​ ​auch​ ​trocken​ ​unxd 10.15​ ​Uhr​ ​lege​ ​ich​ ​ab​ ​über​ ​Cleden-Cap​ ​Sizun,​ ​Poullan-sur-Meer,​ ​Douarnez, Plonevez-Porzay,​ ​Ploeven,Plomordien​ ​nach​ ​Saint-Nic.​ ​Es​ ​sind​ ​viele​ ​Anstiege​ ​zu bewältigen,​ ​muss​ ​also​ ​oft​ ​und​ ​vor​ ​allem​ ​lange​ ​schieben.​ ​Kurz​ ​vorm​ ​Ziel​ ​passiert​ ​es​ ​dann.​ ​Ich will​ ​wieder​ ​aufsteigen,​ ​rutsche​ ​von​ ​der​ ​Pedale​ ​und​ ​kann​ ​mich​ ​wegen​ ​des​ ​Gepäcks​ ​auf​ ​dem Rücken​ ​nicht​ ​mehr​ ​fangen.​ ​Ich​ ​falle​ ​zwar​ ​nach​ ​vorn,​ ​lande​ ​aber​ ​dann​ ​mit​ ​verdrehten​ ​Beinen auf​ ​dem​ ​Rücken.​ ​Das​ ​Ergebnis​ ​sind​ ​Hämatome​ ​am​ ​Bauch​ ​(vom​ ​Trinkflaschenhalter),​ ​ein Riesenbluterguss​ ​überm​ ​rechten​ ​Knie​ ​(da​ ​muss​ ​ich​ ​mit​ ​dem​ ​Rahmen​ ​kollidiert​ ​sein),​ ​eine kleine​ ​Schürfwunde​ ​am​ ​linken​ ​Knie​ ​und​ ​eine​ ​größere​ ​am​ ​linken​ ​Oberarm​ ​(übern​ ​Asphalt​ ​zu schrappen​ ​ist​ ​ein​ ​sehr​ ​schmerzhaftes​ ​Gefühl.)​ ​Eigentlich​ ​wollte​ ​ich​ ​heute​ ​im​ ​Atlantik​ ​baden, da​ ​der​ ​Campingplatz​ ​direkt​ ​am​ ​Meer​ ​liegt.​ ​Aber​ ​das​ ​werde​ ​ich​ ​mir​ ​nicht​ ​antun.​ ​Der​ ​Platz​ ​ist ein​ ​reiner​ ​Touriplatz​ ​-​ ​mit​ ​Animation​ ​und​ ​allem​ ​möglichen​ ​Schnickschnack​ ​und​ ​fast​ ​nur Bungalows.​ ​Zelter​ ​wie​ ​ich,​ ​noch​ ​dazu​ ​nur​ ​für​ ​eine​ ​Nacht​ ​haben​ ​nur​ ​3​ ​Emplacements​ ​zur Auswahl.​ ​Ich​ ​baue​ ​auf​ ​und​ ​verschwinde​ ​gleich​ ​zur​ ​Strandpromenade.​ ​Ich​ ​brauche​ ​für​ ​heute Abend​ ​noch​ ​Baguette.​ ​Alles​ ​Andere​ ​habe​ ​ich​ ​glücklicherweise​ ​gestern​ ​schon​ ​gekauft​ ​und auf​ ​dem​ ​Rad​ ​heute​ ​mitgeschleppt.​ ​Das​ ​Baguette​ ​kome​ ​ich​ ​schließlich​ ​an​ ​der​ ​Rezeption. Doch​ ​bevor​ ​ich​ ​zum​ ​Strand​ ​gehe,​ ​findet​ ​noch​ ​eine​ ​große​ ​Pommes-Mayo​ ​in​ ​meinen​ ​Magen. Die​ ​habe​ ​ich​ ​mir​ ​auch​ ​verdient.​ ​Schließlich​ ​steuere​ ​ich​ ​endlich​ ​den​ ​Strand​ ​an,​ ​ziehe​ ​die Schuhe​ ​aus,​ ​packe​ ​sie​ ​​ ​meinen​ ​kleinen​ ​Minirucksack​ ​und​ ​laufe​ ​barfuß​ ​durch's​ ​Wasser. Zwischenzeitlich​ ​pieselt​ ​es​ ​kurz,​ ​aber​ ​ein​ ​paar​ ​Meter​ ​weiter​ ​ist​ ​Sonne.​ ​Danach​ ​schaue​ ​ich auf​ ​dem​ ​Platz​ ​der​ ​Animation​ ​zu​ ​und​ ​habe​ ​viel​ ​Spaß​ ​dabei.​ ​Kartenstudium​ ​mache​ ​ich​ ​auch noch​ ​-​ ​Mist​ ​ist​ ​nur,​ ​dass​ ​ich​ ​kein​ ​Internet​ ​habe,​ ​denn​ ​das​ ​hätte​ ​mich​ ​für​ ​60​ ​Minuten​ ​6​ ​Euro gekostet​ ​oder​ ​pro​ ​Tag​ ​9​ ​Euro.​ ​Das​ ​ist​ ​mir​ ​entschieden​ ​zu​ ​teuer.​ ​Schade,​ ​ich​ ​wollte​ ​nämlich nach​ ​Campingplätzen​ ​gucken​ ​und​ ​die​ ​Route​ ​neu​ ​berechnen.​ ​Muss​ ​ich​ ​mich​ ​halt überraschen​ ​lassen​ ​oder​ ​die​ ​ursprüngliche​ ​nehmen.​ ​Das​ ​wären​ ​zwar​ ​nur​ ​38​ ​km,​ ​aber​ ​ich weiß​ ​ja​ ​auch​ ​noch​ ​gar​ ​nicht,​ ​wie​ ​es​ ​mir​ ​morgen​ ​gehen​ ​wird.

 

Mo,​ ​31.07.17

Gestern​ ​ist​ ​es​ ​spät​ ​geworden.​ ​Bis​ ​Mitternacht​ ​spielte​ ​Livemusik​ ​und​ ​danach​ ​liefen​ ​dauernd Leute​ ​laut​ ​quatschend​ ​an​ ​meinem​ ​Zelt​ ​vorbei.​ ​Heute​ ​Morgen​ ​war​ ​ich​ ​schon​ ​halb​ ​acht​ ​wach. Nichts​ ​wie​ ​weg​ ​hier.​ ​Muss​ ​allerdings​ ​noch​ ​das​ ​Zelt​ ​trocknen​ ​lassen,​ ​denn​ ​nachts​ ​hat​ ​es wieder​ ​geregnet.​ ​UM​ ​10.15​ ​Uhr​ ​starte​ ​ich​ ​schließlich.​ ​Gleich​ ​zu​ ​Anfang​ ​geht's​ ​5​ ​km​ ​bergauf. Habe​ ​ich​ ​aber​ ​vorher​ ​gewusst.​ ​Das​ ​Tückische​ ​sind​ ​heute​ ​die​ ​Brücken​ ​über​ ​die​ ​Deltas​ ​der kreuzenden​ ​Flüsse.​ ​Dadurch​ ​muss​ ​ich​ ​längere​ ​Wege​ ​in​ ​kauf​ ​​ ​nehmen.​ ​Einmal​ ​lande​ ​ich​ ​im Hafen​ ​und​ ​ab​ ​da​ ​gibt​ ​es​ ​nur​ ​noch​ ​einen​ ​Wanderweg​ ​durch​ ​den​ ​Wald,​ ​den​ ​ich​ ​dann​ ​entlang hoppele,​ ​um​ ​irgendwann​ ​wieder​ ​auf​ ​der​ ​Straße​ ​zu​ ​landen.​ ​Ich​ ​überquere​ ​eine​ ​coole​ ​Brücke am​ ​Pont​ ​de​ ​Terenez,​ ​gucke​ ​mir​ ​Le​ ​Faou​ ​an,​ ​passiere​ ​Daoulas​ ​und​ ​erklimme​ ​nochmals​ ​5​ ​km

Steigung,​ ​um​ ​anschließend​ ​6​ ​km​ ​hinabzurauschen​ ​nach​ ​Landerneau.​ ​Oh​ ​Schreck,​ ​es​ ​gibt hier​ ​keinen​ ​Campingplatz!​ ​Im​ ​Office​ ​de​ ​tourismn​ ​lasse​ ​ich​ ​mir​ ​in​ ​einem​ ​Hotel​ ​ein​ ​Zimmer reservieren​ ​und​ ​den​ ​Weg​ ​erklären.​ ​Auf​ ​dem​ ​Weg​ ​dorthin​ ​komme​ ​ich​ ​am​ ​Bahnhof​ ​vorbei​ ​und sehe​ ​dort,​ ​dass​ ​in​ ​Kürze​ ​dort​ ​ein​ ​Zug​ ​nach​ ​Morlaix​ ​fahren​ ​wird.​ ​Da​ ​wollte​ ​ich​ ​sowieso morgen​ ​sein​ ​und​ ​da​ ​gibt​ ​es​ ​Campingplätze.​ ​Am​ ​Fahrkartenschalter​ ​dauert​ ​es​ ​ewig​ ​trotz weniger​ ​Leute​ ​vor​ ​mir,​ ​aber​ ​schließlich​ ​habe​ ​ich​ ​5​ ​Minuten​ ​vor​ ​Abfahrt​ ​des​ ​Zuges​ ​mein Ticket.​ ​Die​ ​nächste​ ​halbe​ ​Stunde​ ​kann​ ​ich​ ​mich​ ​ausruhen.​ ​Da​ ​ich​ ​noch​ ​den​ ​Stadtplan​ ​von Landerneau​ ​habe​ ​und​ ​dort​ ​in​ ​einer​ ​Werbeanzeige​ ​auch​ ​die​ ​Telefonnummer​ ​des​ ​Hotels steht,​ ​rufe​ ​ich​ ​dort​ ​an​ ​und​ ​sage​ ​meinen​ ​Aufenthalt​ ​ab.​ ​In​ ​Morlaix​ ​wird​ ​gerade​ ​der​ ​Bahnhof nebst​ ​Vorplatz​ ​umgebaut,​ ​aber​ ​da​ ​ich​ ​vor​ ​3​ ​Jahren​ ​hier​ ​2​ ​Wochen​ ​Urlaub​ ​gemacht​ ​habe, kenne​ ​ich​ ​alle​ ​Wege​ ​und​ ​bin​ ​im​ ​Nu​ ​auf​ ​dem​ ​Weg​ ​nach​ ​Lanmeur.​ ​Es​ ​geht​ ​anfangs​ ​wieder ewig​ ​bergauf​ ​und​ ​ziemlich​ ​entkräftet​ ​mümmel​ ​ich​ ​einen​ ​Müsliriegel​ ​und​ ​trinke​ ​meinen​ ​letzten Schluck​ ​Wasser.​ ​Irgendwann​ ​kommt​ ​das​ ​erlösende​ ​Campingplatzschild​ ​und​ ​ich​ ​lande​ ​auf einem​ ​wunderbaren​ ​Camping​ ​a​ ​la​ ​ferme.​ ​Schöne​ ​Emplacements,​ ​hilfsbereite​ ​Leute​ ​und​ ​vor allem​ ​fantastische​ ​Besitzer.​ ​Ich​ ​konnte​ ​heute​ ​nicht​ ​einkaufen​ ​und​ ​der​ ​nächste​ ​Laden​ ​ist​ ​weit entfernt.​ ​Ich​ ​bekomme​ ​Nudeln,​ ​Tomatenmark,​ ​Käse,​ ​einen​ ​Topf​ ​und​ ​Durchschlag​ ​zur Verfügung​ ​gestellt,​ ​eine​ ​Kochplatte​ ​gibt​ ​es​ ​sowieso​ ​und​ ​ich​ ​könnte​ ​mir​ ​sogar​ ​Eier​ ​in​ ​die Pfanne​ ​hauen.​ ​Die​ ​Besitzer​ ​sind​ ​wirklich​ ​sehr​ ​besorgt,​ ​ich​ ​bin​ ​aber​ ​auch​ ​fertig​ ​heute.​ ​Dazu sehe​ ​ich​ ​ja​ ​auch​ ​ziemlich​ ​lädiert​ ​aus.​ ​Die​ ​Nudeln​ ​(250​ ​g)​ ​lasse​ ​ich​ ​mir​ ​munden.​ ​Ich​ ​glaube, noch​ ​nie​ ​in​ ​meinen​ ​Leben​ ​hat​ ​mir​ ​so​ ​ein​ ​einfaches​ ​Gericht​ ​so​ ​gut​ ​geschmeckt.​ ​Und​ ​morgen früh​ ​bekomme​ ​ich​ ​auch​ ​ein​ ​frisches​ ​Baguette.

 

Di,​ ​01.08.17

Dass​ ​inzwischen​ ​August​ ​ist,​ ​merke​ ​ich​ ​erst​ ​am​ ​Nachmittag.​ ​Halb​ ​acht​ ​wache​ ​ich​ ​auf,​ ​mache mir​ ​einen​ ​Kaffee​ ​und​ ​fange​ ​an​ ​soweit​ ​zu​ ​packen,​ ​dass​ ​ich​ ​das​ ​Innenzelt​ ​durchtrocknen lassen​ ​kann​ ​und​ ​vom​ ​Außenzelt​ ​das​ ​Kondenswasser​ ​innen​ ​und​ ​den​ ​Tau​ ​außen​ ​abwischen kann.​ ​Dann​ ​trocknet​ ​alles​ ​schneller.​ ​Um​ ​9​ ​Uhr​ ​frühstücke​ ​ich,​ ​während​ ​das​ ​Zelt​ ​von​ ​der Sonne​ ​verwöhnt​ ​wird.​ ​Während​ ​ich​ ​so​ ​kaue,​ ​reift​ ​in​ ​mir​ ​ein​ ​Entschluss.​ ​Alles​ ​wird​ ​wieder ordnungsgemäß​ ​aufgebaut,​ ​ausgepackt​ ​und​ ​dann​ ​große​ ​Wäsche​ ​gemacht.​ ​Ich​ ​bleibe​ ​also noch​ ​eine​ ​Nacht,​ ​weil​ ​es​ ​mir​ ​hier​ ​so​ ​gut​ ​gefällt​ ​und​ ​werde​ ​eine​ ​Radtour​ ​ohne​ ​Gepäck machen.​ ​Da​ ​kann​ ​ich​ ​gleich​ ​mal​ ​sondieren,​ ​wie​ ​der​ ​Weg​ ​weiter​ ​wird.​ ​Bis​ ​Lannion​ ​komme ich,​ ​eigentlich​ ​wollte​ ​ich​ ​bis​ ​Sillon​ ​d’Talbert​ ​oder​ ​Tregastel.​ ​Weil​ ​ich​ ​schon​ ​bis​ ​Lannion​ ​40​ ​km gefahren​ ​bin​ ​und​ ​ich​ ​ja​ ​auch​ ​wieder​ ​zurück​ ​müsste​ ​-​ ​davon​ ​einige​ ​Kanten​ ​hoch-​ ​beschließe ich,​ ​lieber​ ​mit​ ​dem​ ​Zug​ ​zurück​ ​nach​ ​Morlaix​ ​zu​ ​fahren,​ ​dort​ ​nochmal​ ​durch​ ​die​ ​Gassen​ ​zu bummeln.​ ​Von​ ​da​ ​aus​ ​kenne​ ​ich​ ​eine​ ​Strecke​ ​über​ ​Dardeuff​ ​und​ ​Plouzoc’h,​ ​die​ ​nicht​ ​so anstrengend​ ​zu​ ​sein​ ​scheint.​ ​Lediglich​ ​nacn​ ​Plouzoc’h​ ​geht​ ​es​ ​einen​ ​langen​ ​aber​ ​nicht schweren​ ​Anstieg​ ​hoch.​ ​Das​ ​habe​ ​ich​ ​damals​ ​in​ ​mei​ ​em​ ​Morlaixurlaub​ ​herausgefunden, nachdem​ ​ich​ ​auf​ ​dem​ ​Weg​ ​dorthin​ ​erst​ ​Serpentinen​ ​herabfuhr​ ​mit​ ​einem​ ​LKW​ ​hinter​ ​mir​ ​und dann​ ​das​ ​ganze​ ​auf​ ​der​ ​anderen​ ​Seite​ ​wieder​ ​hinaufsteigen​ ​musste.​ ​Ab​ ​Plouzoc’h​ ​gibt​ ​es eine​ ​kleine​ ​Querverbindung,​ ​die​ ​genau​ ​dort​ ​die​ ​Straße​ ​von​ ​gestern​ ​kreuzt,​ ​und​ ​wo​ ​nach Überquerung​ ​auch​ ​bald​ ​der​ ​Campingplatz​ ​kommt.​ ​Und​ ​das​ ​Schöne​ ​ist,dass​ ​ich​ ​mit Vollspeed​ ​runterrauschen​ ​kann.​ ​Zum​ ​Abendbrot​ ​gibt​ ​es​ ​heute​ ​ein​ ​Mikrowellengericht.​ ​Als​ ​ich später​ ​mein​ ​Tagebuch​ ​schreibe,​ ​lerne​ ​ich​ ​einen​ ​allein​ ​reisender​ ​Franzosen​ ​kenen,​ ​der​ ​gut deutsch​ ​spricht,​ ​und​ ​unterhalte​ ​mich​ ​mit​ ​ihm​ ​lange.​ ​Er​ ​ist​ ​mindestens​ ​genausu​ ​durchgeknallt wie​ ​ich.​ ​Er​ ​wandert​ ​gern​ ​und​ ​zwar​ ​barfuß​ ​und​ ​schläft​ ​nur​ ​im​ ​Zelt,​ ​wenn​ ​es​ ​regnet​ ​-

ansonsten​ ​draußen​ ​im​ ​Schlafsack.​ ​Er​ ​fragt​ ​mich​ ​sogar,​ ​ob​ ​ich​ ​was​ ​trinken​ ​will​ ​und​ ​ist erstaunt,​ ​dass​ ​ich​ ​ganz​ ​allein​ ​unterwegs​ ​bin.​ ​Wir​ ​quatschen​ ​lange​ ​miteinander. Was​ ​noch​ ​zu​ ​bemerken​ ​wäre,​ ​dass​ ​ich​ ​heute​ ​zusammen​ ​mit​ ​einem​ ​Döner​ ​eine​ ​Plombe verspeist​ ​habe.​ ​Nun​ ​ist​ ​da​ ​ein​ ​großes​ ​Loch.​ ​Hoffe,​ ​dass​ ​das​ ​bis​ ​Urlaubsende​ ​gut​ ​geht.​ ​Ich habe​ ​so​ ​schon​ ​genug​ ​Schiss​ ​vor'm​ ​Zahnarzt​ ​und​ ​mein​ ​eigener​ ​weiß​ ​das​ ​auch,​ ​aber​ ​wie mache​ ​ich​ ​das​ ​einem​ ​französischen​ ​Zahnarzt​ ​klar?

 

Mi,​ ​02.08.17

Es​ ​regnet​ ​und​ ​stürmt.​ ​Über​ ​mir​ ​trommelt​ ​der​ ​Regen​ ​auf's​ ​Zeltdach.​ ​Dazu​ ​wummern​ ​immer mal​ ​Windböen​ ​gegen​ ​die​ ​Zeltwand.​ ​An​ ​schlafen​ ​ist​ ​kaum​ ​noch​ ​zu​ ​denken​ ​-​ ​schon​ ​gar​ ​nicht mehr,​ ​als​ ​ich​ ​die​ ​Ohrstöpsel​ ​rausnehme.​ ​Bis​ ​kurz​ ​nach​ ​8​ ​Uhr​ ​bleibe​ ​ich​ ​freiwillig​ ​im​ ​Zelt, packe​ ​Frühstück,​ ​Duschzeug,​ ​Tablet​ ​und​ ​Sudoku​ ​und​ ​natürlich​ ​die​ ​Wertsachen​ ​in​ ​eine große​ ​Plastiktasche​ ​und​ ​husche​ ​in​ ​einem​ ​günstigen​ ​Moment​ ​zum​ ​Haus​ ​mit​ ​dem Aufenthaltsraum.​ ​Da​ ​hätten​ ​wir​ ​Zelter​ ​sogar​ ​schlafen​ ​können.​ ​Das​ ​Haus​ ​ist​ ​zu?????​ ​Ein Mann​ ​zeigt​ ​mir,​ ​wo​ ​ich​ ​den​ ​Schlüssel​ ​finden​ ​kann.​ ​Da​ ​es​ ​dort​ ​auch​ ​Herd​ ​und​ ​Mikrowelle gibt,​ ​gibt​ ​es​ ​heute​ ​richtig​ ​heißen​ ​Kaffee.​ ​Tut​ ​das​ ​gut!!!​ ​Ich​ ​frühstücke​ ​in​ ​Ruhe​ ​und​ ​bald kommt​ ​noch​ ​ein​ ​anderes​ ​Paar,​ ​das​ ​das​ ​Vergnügen​ ​hat,​ ​nass​ ​einzupacken.​ ​Sie​ ​bringen​ ​ihre ganzen​ ​Sachen​ ​auch​ ​erstmal​ ​ins​ ​Haus.​ ​Ich​ ​habe​ ​heute​ ​Morgen​ ​schon​ ​beschlossen​ ​mir​ ​das nicht​ ​anzutun.​ ​Hier​ ​im​ ​Haus​ ​ist​ ​es​ ​trocken.​ ​Auch​ ​ein​ ​Paar​ ​aus​ ​Spanien,​ ​dem​ ​ich​ ​einige interessante​ ​Tipps​ ​gegeben​ ​habe​ ​und​ ​darüber​ ​ganz​ ​begeistert​ ​waren,​ ​da​ ​sie​ ​sie​ ​befolgt haben,​ ​reist​ ​heute​ ​ab.​ ​Schade!​ ​Halb​ ​eins​ ​schwinge​ ​ich​ ​mich​ ​auch​ ​auf's​ ​Rad​ ​um​ ​nach Lanmeur​ ​einkaufen​ ​zu​ ​fahren,​ ​weil​ ​es​ ​nur​ ​noch​ ​schwach​ ​nieselt,​ ​und​ ​komme​ ​auch​ ​fast trocken​ ​an.​ ​Die​ ​5​ ​km​ ​zurück​ ​werden​ ​dann​ ​zum​ ​Horror.​ ​Sturmböen​ ​und​ ​peitschender​ ​Regen schön​ ​von​ ​vorn​ ​-​ ​zwar​ ​bergab,​ ​aber​ ​ich​ ​muss​ ​treten​ ​und​ ​ständig​ ​das​ ​Gleichgewicht austarieren.​ ​Dazu​ ​sehe​ ​ich​ ​kaum​ ​Etwas,​ ​weil​ ​ich​ ​die​ ​Augen​ ​voller​ ​Regenwasser​ ​habe. Patschnass​ ​komme​ ​ich​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​an,​ ​aber​ ​bin​ ​wenigstens​ ​heilgeblieben.​ ​Ich​ ​stelle meinen​ ​Wäscheständer​ ​von​ ​gestern​ ​ins​ ​Haus,​ ​ziehe​ ​mich​ ​um​ ​und​ ​hänge​ ​alles​ ​auf.​ ​Danach mache​ ​ich​ ​mir​ ​ein​ ​leckeres​ ​Mikrowellengericht​ ​und​ ​vertrödele​ ​den​ ​Nachmittag​ ​mit​ ​Sudoku und​ ​Tablet​ ​auf​ ​der​ ​Couch.​ ​Halb​ ​sieben​ ​ist​ ​trotz​ ​Durchzug​ ​noch​ ​nichts​ ​trocken,​ ​aber​ ​ich bekomme​ ​von​ ​der​ ​Wirtin​ ​eine​ ​Trocknerbenutzung​ ​angeboten.​ ​Ich​ ​schmeiße​ ​alles​ ​samt Schuhen​ ​rein​ ​und​ ​nach​ ​‘ner​ ​Stunde​ ​ist​ ​alles​ ​trocken.​ ​Zum​ ​Abendbrot​ ​gibt​ ​es​ ​auch​ ​eine warme​ ​Mahlzeit​ ​-​ ​Cassoulet​ ​-​ ​muss​ ​doch​ ​die​ ​Gegebenheiten​ ​ausnutzen.

 

Do,​ ​03.08.17

Ich​ ​werde​ ​um​ ​7​ ​Uhr​ ​wach​ ​durch​ ​das​ ​Gequatsche​ ​im​ ​Nachbarzelt​ ​-​ ​zwei​ ​alte​ ​Leutchen,​ ​die packen.​ ​Stehe​ ​ich​ ​halt​ ​auch​ ​auf​ ​und​ ​packe.​ ​Da​ ​im​ ​Haus​ ​noch​ ​niemand​ ​ist,​ ​nutze​ ​ich​ ​das​ ​aus und​ ​räume​ ​meinen​ ​ganzenn​ ​Krempel​ ​dort​ ​ein.​ ​Auch​ ​das​ ​Zelt​ ​kann​ ​ich​ ​dort​ ​trocken zusammenrollen.​ ​Ich​ ​fahre​ ​über​ ​Lanmeur​ ​nach​ ​Plouaret​ ​teils​ ​schöne​ ​Nebenstraßen.​ ​Dort halte​ ​ich​ ​mich​ ​in​ ​Richtung​ ​Bahnhof,​ ​da​ ​ich​ ​nicht​ ​wie​ ​geplant​ ​in​ ​ST.​ ​Brieuc​ ​nächtigen​ ​will.​ ​Als ich​ ​am​ ​Bahnhof​ ​ankomme,​ ​sehe​ ​ich,​ ​dass​ ​in​ ​2​ ​Minuten​ ​ein​ ​Zug​ ​nach​ ​Guincamp​ ​fährt,​ ​wo​ ​ich vielleicht​ ​gleich​ ​Anschluss​ ​nach​ ​St.​ ​Briac​ ​haben​ ​könnte.​ ​Nur​ ​habe​ ​ich​ ​noch​ ​kein​ ​Billet​ ​und der​ ​Zug​ ​fährt​ ​gerade​ ​ein.​ ​Kurze​ ​Verständigung​ ​mit​ ​dem​ ​Bahnhofsvorsteher​ ​und​ ​der​ ​mit​ ​der Schaffnerin​ ​im​ ​Zug.​ ​Ich​ ​darf​ ​einsteigen​ ​und​ ​meine​ ​Fahrkarte​ ​bei​ ​ihr​ ​kaufen​ ​aber​ ​nur​ ​bis Guincamp.​ ​Dort​ ​habe​ ​ich​ ​18​ ​Minuten​ ​Zeit​ ​zum​ ​Fahrkarte​ ​kaufen​ ​für​ ​den​ ​Anschlusszug.​ ​Am

Schalter​ ​steht​ ​niemand​ ​an,​ ​ich​ ​verlange​ ​un​ ​ticket​ ​par​ ​St.​ ​Brieuc,​ ​bekomme​ ​aber​ ​keins,​ ​da das​ ​nur​ ​die​ ​Auskunft​ ​ist.​ ​Ticket​ ​gibt​ ​es​ ​nur​ ​am​ ​Automaten.​ ​Der​ ​Schaltermensch​ ​gesellt​ ​sich zu​ ​mir​ ​und​ ​macht​ ​Sperenzien​ ​wegen​ ​des​ ​Fahrads.​ ​Im​ ​Zug​ ​gäbe​ ​es​ ​nur​ ​zwei​ ​Plätze.​ ​Ich mache​ ​ihm​ ​klar,​ ​dass​ ​das​ ​ein​ ​Faltrad​ ​ist​ ​und​ ​er​ ​gibt​ ​sich​ ​zufrieden.​ ​St.​ ​Brieuc​ ​ist​ ​nach​ ​wie vor​ ​keine​ ​schöne​ ​Stadt​ ​und​ ​ich​ ​habe​ ​den​ ​kühnen​ ​Plan​ ​noch​ ​nach​ ​Erqui​ ​zu​ ​kommen​ ​-​ ​mein zweites​ ​großes​ ​Ziel​ ​zusammen​ ​mit​ ​Cap​ ​Frehel.​ ​Es​ ​dauert​ ​eine​ ​Weile,​ ​bis​ ​ich​ ​aus​ ​der​ ​Stadt raus​ ​bin​ ​und​ ​die​ ​Nebenroute​ ​neben​ ​der​ ​National​ ​route​ ​gefunden​ ​habe.​ ​Aber​ ​dann​ ​rollt’s.​ ​Es geht​ ​zwar​ ​öfter​ ​hoch​ ​und​ ​runter,​ ​aber​ ​das​ ​Ziel​ ​gibt​ ​mir​ ​Kraft.​ ​Und​ ​dann​ ​erscheint​ ​plötzlich​ ​die Stadt​ ​in​ ​der​ ​Bucht​ ​unter​ ​mir.​ ​Mein​ ​Zelt​ ​baue​ ​ich​ ​auf​ ​einem​ ​mir​ ​unbekannten​ ​Campingplatz auf.​ ​Den​ ​gibt​ ​es​ ​auch​ ​erst​ ​seit​ ​2​ ​Jahren.​ ​​ ​Der​ ​Platz,​ ​den​ ​ich​ ​zugewiesen​ ​bekomme,​ ​ist​ ​nicht mein​ ​Geschmack.​ ​Ich​ ​bin​ ​mutterseelenallein​ ​in​ ​dem​ ​Carree,​ ​noch​ ​dazu​ ​ist​ ​in​ ​Hörweite​ ​die Bar.​ ​Ich​ ​bau​ ​trotzdem​ ​auf​ ​und​ ​verschwinde​ ​in​ ​Richtung​ ​Stadt​ ​und​ ​fahre​ ​auch​ ​noch​ ​zum​ ​Cap Erqui​ ​hoch.​ ​Abends​ ​halb​ ​neun​ ​bin​ ​ich​ ​dort​ ​ganz​ ​allein.​ ​Wie​ ​oft​ ​war​ ​ich​ ​hier​ ​mit​ ​Reinhard!!! Wenn​ ​mir​ ​beim​ ​letzten​ ​gemeinsamen​ ​Besuch​ ​2012​ ​jemand​ ​gesagt​ ​hätte,​ ​dass​ ​ich​ ​in​ ​fünf Jahren​ ​hier​ ​allein​ ​mit​ ​meinem​ ​Fahrrad​ ​stehen​ ​würde,​ ​hätte​ ​ich​ ​demjenigen​ ​einen​ ​Vogel gezeigt.​ ​Wieder​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​ziehe​ ​ich​ ​mit​ ​meinem​ ​Zelt​ ​um.​ ​Da​ ​es​ ​aber​ ​noch​ ​nicht​ ​so​ ​spät ist​ ​und​ ​die​ ​Kinder​ ​rumschreien,​ ​gehe​ ​ich​ ​in​ ​die​ ​Bar.​ ​Ich​ ​darf​ ​mich​ ​zu​ ​vier​ ​Motorbikern gesellen,​ ​von​ ​denen​ ​eine​ ​englisch​ ​spricht,​ ​und​ ​es​ ​wird​ ​recht​ ​unterhaltsam.​ ​Sie​ ​dolmetscht für​ ​uns.​ ​Ich​ ​trage​ ​zur​ ​Erheiterung​ ​bei,​ ​weil​ ​ich​ ​den​ ​Pasties​ ​pur​ ​schlucke​ ​ohne​ ​das​ ​dazu greichte​ ​Wasser,​ ​das​ ​zum​ ​Verdünnen​ ​dient.​ ​Halb​ ​zwölf​ ​gehe​ ​ich​ ​ins​ ​Zelt​ ​und​ ​schlafe​ ​eine Stunde​ ​später​ ​ein.

 

Fr,​ ​04.08.17

Ich​ ​habe​ ​schlecht​ ​geschlafen.​ ​War​ ​wohl​ ​die​ ​Mischung​ ​aus​ ​Pasties,​ ​Calvados​ ​und​ ​Rotwein. Halb​ ​sieben​ ​werde​ ​ich​ ​wach​ ​und​ ​kann​ ​nicht​ ​mehr​ ​einschlafen,​ ​weil​ ​es​ ​aus​ ​einem​ ​der​ ​Zelte lau​ ​schnarcht.​ ​Bis​ ​halb​ ​acht​ ​verbringe​ ​ich​ ​im​ ​Dämmerzustan,​ ​dann​ ​mache​ ​ich​ ​mir​ ​einen lauwarmen​ ​Kaffee​ ​und​ ​gehe​ ​damit​ ​über​ ​den​ ​Campingplatz​ ​spazieren.​ ​Danach​ ​nehme​ ​ich mein​ ​Tablet​ ​und​ ​mein​ ​Frühstück​ ​und​ ​setze​ ​mich​ ​bei​ ​der​ ​Bar​ ​aneinen​ ​Tisch.​ ​Schön​ ​nach einer​ ​Woche​ ​mal​ ​wieder​ ​online​ ​zu​ ​sein.​ ​Bald​ ​macht​ ​auch​ ​die​ ​Bar​ ​auf​ ​und​ ​ich​ ​bekomme einen​ ​schönen​ ​Kaffee​ ​zu​ ​meinem​ ​Frühstück.​ ​Gerade​ ​als​ ​ich​ ​später​ ​losfahren​ ​will,​ ​sehe​ ​ich, dass​ ​mein​ ​Vorderrad​ ​wieder​ ​ein​ ​wenig​ ​ohne​ ​Luft​ ​ist​ ​.​ ​Diesmal​ ​benutze​ ​ich​ ​das​ ​Pannenspray. Heute​ ​fahre​ ​ich​ ​zum​ ​Cap​ ​Frehel.​ ​Dort​ ​wandere​ ​ich​ ​zum​ ​Fort​ ​de​ ​latte​ ​und​ ​besichtige​ ​es​ ​auch. Das​ ​habe​ ​ich​ ​in​ ​all​ ​den​ ​Malen,​ ​die​ ​ich​ ​hier​ ​war,​ ​nie​ ​getan.​ ​Muss​ ​den​ ​gleichen​ ​Weg​ ​wieder zurück,​ ​da​ ​mein​ ​Fahrrad​ ​ja​ ​am​ ​Cap​ ​beim​ ​Leuchtturm​ ​angepinnt​ ​ist.​ ​Auf​ ​der​ ​Fahrt​ ​zum Campingplatz​ ​kaufe​ ​ich​ ​neues​ ​Pannenspray​ ​nd​ ​überlege,​ ​ob​ ​ich​ ​gleich​ ​mal​ ​‘nen​ ​neuen Fahrradmantel​ ​mitnehme,​ ​lass​ ​es​ ​aber​ ​doch.​ ​Mal​ ​sehn,​ ​was​ ​der​ ​Reifen​ ​morgen​ ​sagt.​ ​Auf dem​ ​Platz​ ​schließe​ ​ich​ ​mein​ ​Rad​ ​an​ ​und​ ​geh​ ​nochmal​ ​zu​ ​Fuß​ ​in​ ​die​ ​Stadt​ ​und​ ​dort​ ​auch​ ​am Strand​ ​barfuß​ ​durchs​ ​Wasser.​ ​Es​ ​heißt​ ​Abschied​ ​nehmen.​ ​Morgen​ ​wartet​ ​St.​ ​Malo​ ​und​ ​es soll​ ​regnen.​ ​Ich​ ​habe​ ​schon​ ​abgecheckt,​ ​dass​ ​ich​ ​notfalls​ ​den​ ​Nahverkehr​ ​nutzen​ ​kann.

 

Sa,​ ​05.08.17

Wer​ ​sagt’s​ ​denn!​ ​Es​ ​hat​ ​nachts​ ​ein​ ​wenig​ ​geregnet,​ ​jetzt​ ​scheint​ ​die​ ​Sonne.​ ​Ich​ ​packe​ ​meine Sachen,​ ​auch​ ​das​ ​Zelt​ ​kann​ ​ich​ ​trocken​ ​einsacken.​ ​Der​ ​Reifen​ ​hat​ ​die​ ​Luft​ ​auch​ ​gehalten, ich​ ​werde​ ​aber​ ​trotzdem​ ​mal​ ​an​ ​der​ ​Tankstelle​ ​oben​ ​am​ ​Super-U​ ​anhalten.​ ​Um​ ​9.50​ ​Uhr

lege​ ​ich​ ​ab​ ​und​ ​muss​ ​gleich​ ​erstmal​ ​einen​ ​kleinen​ ​Anstieg​ ​schieben.​ ​Es​ ​ist​ ​aber​ ​die​ ​am wenigsten​ ​anstrengende​ ​Strecke.​ ​Oben​ ​bekommen​ ​beide​ ​Reifen​ ​ihre​ ​4​ ​bar​ ​und​ ​dann​ ​nehme ich​ ​Fahrt​ ​entlang​ ​der​ ​D786​ ​auf​ ​über​ ​Frehel,​ ​Matignon,​ ​St-Jacut-de-la-Mere,​ ​Poubalay.​ ​10​ ​km vor​ ​St.​ ​Malo​ ​fängt​ ​eine​ ​Art​ ​Schnellstraße​ ​an,​ ​bei​ ​der​ ​ich​ ​mir​ ​nicht​ ​sicher​ ​bin,​ ​ob​ ​ich​ ​da​ ​mit meinem​ ​Radel​ ​fahren​ ​darf.​ ​Erst​ ​als​ ​ich​ ​nach​ ​einigen​ ​Kilometern​ ​auf​ ​der​ ​Gegenseite​ ​zwei sportive​ ​Radler​ ​sehe,​ ​bin​ ​ich​ ​beruhigt.​ ​Vor​ ​Malo​ ​muss​ ​noch​ die Barrage de la Rance​ ​passiert werden,​ ​von​ ​wo​ ​man​ ​einen​ ​wunderbaren​ ​Blick​ ​auf​ ​die​ ​Stadt​ ​und​ ​die​ ​Forts​ ​hat.​ ​Ich​ ​parke mein​ ​Rad​ ​kurz​ ​und​ ​laufe​ ​zurück​ ​um​ ​zu​ ​fotografieren.​ ​Danach​ ​nehme​ ​ich​ ​wie​ ​auch​ ​andere Radfahrer​ ​den​ ​Wanderweg​ ​über​ ​Treppen​ ​und​ ​Baumwurzeln.​ ​Nach​ ​kurzer​ ​Zeit​ ​merke​ ​ich beim​ ​Blick​ ​auf​ ​den​ ​Tacho​ ​dass​ ​der​ ​weg​ ​ist.​ ​Den​ ​kann​ ​ich​ ​eigentlich​ ​nur​ ​beim​ ​Fotostop verloren​ ​haben,​ ​als​ ​eine​ ​Windbö​ ​mir​ ​mein​ ​Velo​ ​umgelegt​ ​hat.​ ​Ich​ ​lass​ ​mein​ ​Rad​ ​stehen, stelle​ ​meinen​ ​Rucksack​ ​daneben​ ​und​ ​flitze​ ​nur​ ​mit​ ​meiner​ ​Brieftasche​ ​zurück.​ ​Und​ ​da​ ​liegt er​ ​doch​ ​wirklich.​ ​Velo​ ​und​ ​Rad​ ​sind​ ​auch​ ​noch​ ​da​ ​und​ ​weiter​ ​geht's​ ​zum​ ​Campingplatz. “complete“​ ​steht​ ​dran​ ​und​ ​ich​ ​bekomme​ ​einen​ ​Schreck.​ ​Habe​ ​keine​ ​Lust​ ​weiterzufahren. Zum​ ​Glück​ ​gilt​ ​das​ ​nur​ ​für​ ​Wohnmobile.​ ​Ich​ ​baue​ ​auf​ ​und​ ​fahre​ ​in​ ​die​ ​Stadt.​ ​Vor​ ​elf​ ​Jahren hing​ ​bei​ ​Reinhard​ ​und​ ​mir​ ​beim​ ​ersten​ ​gemeinsamen​ ​Besuch​ ​hier​ ​der​ ​Haussegen​ ​schief, weil​ ​mir​ ​die​ ​von​ ​ihm​ ​geliebte​ ​Stadt​ ​überhaupt​ ​nicht​ ​gefiel.​ ​Ich​ ​habe​ ​dem​ ​Ort​ ​nach​ ​zwei Wochen​ ​eine​ ​zweite​ ​Chance​ ​gegeben​ ​und​ ​seitdem​ ​bin​ ​ich​ ​begeistert​ ​von​ ​ihm.​ ​St.​ ​Malo muss​ ​man​ ​lieben​ ​mit​ ​seinem​ ​einzigarten​ ​Charme​ ​und​ ​pulsierenden​ ​Leben,​ ​diese​ ​trutzigen Mauern​ ​auf​ ​denen​ ​man​ ​gehen​ ​kann​ ​und​ ​auf​ ​das​ ​Meer​ ​und​ ​die​ ​Forts​ ​blicken​ ​kann,​ ​die Gassen​ ​innerhalb​ ​der​ ​Mauern​ ​mit​ ​den Läden​ ​und​ ​gastronomischen​ ​Einrichtungen,​ ​die Strände​ ​vor​ ​den​ ​Mauern​ ​und​ ​die​ ​Häfen.​ ​Lange​ ​lasse​ ​ich​ ​mich​ ​hier​ ​treiben,​ ​höre​ ​Musikanten zu​ ​oder​ ​​ ​begucke​ ​sonstige​ ​Straßenkünstler,​ ​die​ ​überall​ ​zu​ ​finden​ ​sind.​ ​Eine​ ​Kathedrale​ ​steht innerhalb​ ​der​ ​Mauern​ ​natürlich​ ​auch.​ ​Da​ ​pasiert​ ​es​ ​mir​ ​übrigend​ ​das​ ​erste​ ​Mal​ ​in​ ​meinem Leben,​ ​dass​ ​mir​ ​von​ ​einem​ ​der​ ​Kirchendiener​ ​ein​ ​Tuch​ ​gereicht​ ​wird,​ ​das​ ​meine​ ​nackten Schultern​ ​bedecken​ ​soll.​ ​Schnell​ ​hole​ ​ich​ ​mein​ ​Langarmshirt​ ​aus​ ​meinem​ ​Minirucksack​ ​und ziehe​ ​es​ ​über.​ ​Ich​ ​darf​ ​hinein.​ ​Auf​ ​dem​ ​Weg​ ​zurück​ ​zum​ ​Campingplatz​ ​überlege​ ​ich,​ ​wie mein​ ​Weg​ ​weiter​ ​ausehen​ ​soll.​ ​Ich​ ​habe​ ​jetzt​ ​noch​ ​zwei​ ​Wochen​ ​Zeit​ ​und​ ​habe​ ​alles,​ ​wo​ ​ich in​ ​diesem​ ​Urlaub​ ​sein​ ​wollte,​ ​erreicht.​ ​Eine​ ​Option​ ​wäre​ ​am​ ​Meer​ ​zu​ ​bleiben,​ ​eine​ ​zweite​ ​die ursprünglich​ ​geplante​ ​Tour​ ​bis​ ​Angers​ ​zu​ ​fahren​ ​und​ ​die​ ​dritte​ ​weiter​ ​auf​ ​der​ ​Eurovelo​ ​4 nach​ ​Paris​ ​zu​ ​fahren.

 

So,​ ​06.08.17

Viertel​ ​vor​ ​8​ ​werde​ ​ich​ ​wach​ ​und​ ​es​ ​ist​ ​blauer​ ​Himmel​ ​und​ ​Sonnenschein.​ ​Vor​ ​drei​ ​Tagen hatte​ ​Meteo​ ​noch​ ​Regen​ ​angesagt.​ ​Ich​ ​überlege​ ​noch​ ​eine​ ​Nacht​ ​zu​ ​bleiben​ ​und​ ​an​ ​den Strand​ ​zu​ ​gehen​ ​oder​ ​eine​ ​Bootstour​ ​zu​ ​machen​ ​und​ ​mache​ ​dazu​ ​einen​ ​Spaziergang​ ​über’n Platz.​ ​Ich​ ​muss​ ​schmunzeln.​ ​Die​ ​Möwen​ ​haben​ ​bei​ ​all​ ​jenen​ ​ganze​ ​Arbeit​ ​geleistet,​ ​die​ ​ihr Müllbeutel​ ​über​ ​Nacht​ ​draußen​ ​stehenlassen​ ​haben.​ ​Der​ ​ganze​ ​Inhalt​ ​ist​ ​verteilt​ ​z.B. Pampers,​ ​Papiertüten​ ​usw.​ ​-​ ​Essbares​ ​ist​ ​schon​ ​weg.​ ​Die​ ​Aussicht,​ ​die​ ​man​ ​von​ ​hier​ ​oben über​ ​die​ ​Bucht​ ​hat,​ ​ist​ ​klasse.​ ​Ich​ ​werde​ ​das​ ​schöne​ ​Wetter​ ​nutzen,​ ​bis​ ​Pontabault​ ​zu kommen,​ ​lasse​ ​mir​ ​beim​ ​Packen​ ​aber​ ​heute​ ​alle​ ​Zeit​ ​der​ ​Welt.​ ​10.30​ ​Uhr​ ​geht's​ ​schließlich los.​ ​Ich​ ​fahre​ ​immer​ ​schön​ ​am​ ​Wasser​ ​entlang​ ​bis​ ​zum​ ​Zentrum​ ​und​ ​finde​ ​relativ​ ​schnell​ ​die Straße​ ​nach​ ​St.​ ​Meloir-des-Ondes​ ​und​ ​von​ ​da​ ​nach​ ​St-Benoit-des-Ondes.​ ​13​ ​km​ ​von​ ​St. Malo​ ​geht​ ​mir​ ​plötzlich​ ​das​ ​Herz​ ​auf​ ​-​ ​der​ ​Mont-Saint-Michel​ ​erscheint​ ​in​ ​der​ ​Ferne​ ​und​ ​auch Granville​ ​ist​ ​zu​ ​sehen.​ ​Der​ ​Michel​ ​wird​ ​mich​ ​auf​ ​den​ ​nächsten​ ​Kilometern​ ​begleiten,​ ​da​ ​ich jetzt​ ​auf​ ​der​ ​Velo​ ​verte​ ​direkt​ ​am​ ​Meer​ ​langfahre.​ ​Kurz​ ​vor​ ​Beauvoir​ ​verliere​ ​ich​ ​den Fahradweg​ ​und​ ​nehme​ ​die​ ​Straße​ ​bis​ ​Pontorson.​ ​Von​ ​​ ​da​ ​aus​ ​gibt​ ​es​ ​einen​ ​direkten​ ​Weg nach​ ​Pontabault.​ ​Dumm​ ​nur,​ ​dass​ ​es​ ​eine​ ​Schnellstraße​ ​ist,​ ​aber​ ​es​ ​gibt​ ​kein​ ​Verbotsschild und​ ​so​ ​quetsche​ ​ich​ ​mich​ ​an​ ​den​ ​äußersten​ ​Fahrbahnrand.​ ​Zwischendurch​ ​überholt​ ​mich die​ ​Gendarmerie,​ ​doch​ ​die​ ​hält​ ​mich​ ​nicht​ ​an.​ ​Inzwischen​ ​ist​ ​in​ ​mir​ ​der​ ​Entschluss​ ​gereift, bis​ ​St.​ ​Hilaire​ ​du​ ​Harcuet​ ​durchzuziehen,​ ​denn​ ​dort​ ​gibt​ ​es​ ​einen​ ​Campingplatz​ ​mit Aufenthaltsraum​ ​-​ ​gut​ ​falls​ ​da​ ​Wetter​ ​umschlagen​ ​sollte​ ​und​ ​auch,​ ​weil​ ​man​ ​da​ ​gesittet​ ​zu den​ ​Mahlzeiten​ ​am​ ​Tisch​ ​sitzen​ ​kann.​ ​Ab​ ​Pontabault​ ​bin​ ​ich​ ​auf​ ​dem​ ​Radweg,​ ​der​ ​vom Mont-Saint-Michel​ ​bis​ ​nach​ ​Paris​ ​führt.​ ​Bei​ ​Kilometer​ ​70​ ​des​ ​heutigen​ ​Tages​ ​gibt​ ​es​ ​plötzlich einen​ ​Knall,​ ​es​ ​macht​ ​pfff​ ​und​ ​der​ ​Vorderreifen​ ​ist​ ​platt.​ ​Bei​ ​genauerer​ ​Betrachtung​ ​sehe​ ​ich, dass​ ​die​ ​Laufseite​ ​des​ ​Mantels​ ​lädiert​ ​ist.​ ​Bis​ ​Ducey​ ​sind​ ​es​ ​2​ ​km.Ich​ ​schiebe​ ​eine​ ​Weile​ ​- dann​ ​mache​ ​ich​ ​einen​ ​Reparaturversuch,​ ​der​ ​so​ ​nicht​ ​vorgesehen​ ​ist.​ ​Ich​ ​klebe​ ​einen Flicken,​ ​der​ ​eigentlich​ ​für​ ​den​ ​Schlauch​ ​vorgesehn​ ​ist,​ ​auf​ ​den​ ​Mantel​ ​und​ ​spraye​ ​in​ ​den Schlauch​ ​den​ ​Rest​ ​vom​ ​Reparaturspray​ ​von​ ​vorgestern.​ ​Es​ ​scheint​ ​zu​ ​funktionieren,​ ​die​ ​Luft bleibt​ ​drin,​ ​also​ ​spraye​ ​ich​ ​nach​ ​einer​ ​Weile​ ​nochmal​ ​was​ ​rein,​ ​um​ ​mehr​ ​Luftdruck​ ​zu​ ​haben. 17​ ​km​ ​geht​ ​es​ ​gut,​ ​auch​ ​wenn​ ​sich​ ​eine​ ​kleine​ ​Beule​ ​unterm​ ​Flicken​ ​gebildet​ ​hat.​ ​Es​ ​macht wieder​ ​pfff​ ​-​ ​die​ ​nächsten​ ​2,5​ ​km​ ​schiebe​ ​ich.​ ​Als​ ​ich​ ​schon​ ​in​ ​St-Hilaire​ ​bin,​ ​frage​ ​ich​ ​an einer​ ​Kreuzung​ ​nach​ ​dem​ ​Weg,​ ​da​ ​ich​ ​nur​ ​ungefähr​ ​den​ ​Weg​ ​zum​ ​Campingplatz​ ​kenne. War​ ​ja​ ​schon​ ​mal​ ​hier.​ ​Er​ ​packt​ ​kurzentschlossen​ ​mein​ ​Velo​ ​und​ ​mich​ ​in​ ​sein​ ​Auto,​ ​zeigt​ ​mir noch​ ​Fahradladen/Werkstatt​ ​und​ ​setzt​ ​mich​ ​direkt​ ​in​ ​der​ ​Reception​ ​vom​ ​Platz​ ​ab.​ ​Ich​ ​bin froh,​ ​endlich​ ​angekommen​ ​zu​ ​sein​ ​und​ ​ärgere​ ​mich​ ​im​ ​Nachhinein,​ ​dass​ ​ich​ ​den​ ​Mantel​ ​und Schlauch​ ​nicht​ ​schon​ ​in​ ​Erqui​ ​gewechselt​ ​habe.​ ​Immerhin​ ​haben​ ​beide​ ​schon​ ​mindestens 4000​ ​km​ ​über​ ​Teilweise​ ​sehr​ ​holprige​ ​Strecken​ ​hinter​ ​sich.​ ​Solte​ ​der​ ​Fahrradladen​ ​morgen geschlossen​ ​sein,​ ​dann​ ​habe​ ​ich​ ​die​ ​Hoffnung,​ ​das​ ​ich​ ​bei​ ​LeClerc​ ​vielleicht​ ​einen​ ​neuen Mantel​ ​bekomme.​ ​Dann​ ​geht​ ​es​ ​weiter​ ​bis​ ​Domfront​ ​und​ ​wahrscheinlich​ ​per​ ​Rad​ ​nach​ ​Paris. Für​ ​den​ ​Campingplatz​ ​bezahle​ ​ich​ ​heute​ ​nur​ ​4,97​ ​Euro.​ ​Die​ ​Preisgestaltung​ ​kapiere​ ​ich​ ​nicht so​ ​richtig.​ ​Ich​ ​war​ ​auf​ ​3-Sterne-Plätzen,​ ​da​ ​gab​ ​es​ ​dann​ ​zwar​ ​Swimmingpool,​ ​aber​ ​weder Aufenthaltsraum​ ​für​ ​Zeltende​ ​noch​ ​Klopapier.​ ​Letzteres​ ​ist​ ​für​ ​Hiker​ ​und​ ​Cyclists​ ​immer​ ​ein Problem.​ ​Man​ ​hat​ ​ja​ ​nur​ ​begrenzten​ ​Stauraum​ ​und​ ​für​ ​eine​ ​Klopapierrolle​ ​ist​ ​da​ ​kein​ ​Platz. Man​ ​gewöhnt​ ​sich​ ​dann​ ​an,​ ​woanders​ ​einen​ ​kleinen​ ​Vorrat​ ​mitzunehmen.

Verlustig ist heute eine meiner Lesebrillen.

 

Mo,​ ​07.08.17

Seit​ ​einigen​ ​Tagen​ ​schon​ ​habe​ ​ich​ ​das​ ​Gefühl​ ​für​ ​Wochentag​ ​und​ ​Datum​ ​verloren.​ ​Zum Glück​ ​schreibe​ ​ich​ ​jeden​ ​Tag​ ​Tagebuch. Mein​ ​Tag​ ​fängt​ ​heute​ ​halb​ ​acht​ ​mit​ ​Packen​ ​an​ ​und​ ​setzt​ ​sich​ ​mit​ ​einem​ ​ca​ ​20​ ​minütigen Walk​ ​zu​ ​LeClerc​ ​fort.​ ​Schlag​ ​neun​ ​zu​ ​Beginn​ ​der​ ​Öffnungszeiten​ ​stehe​ ​ich​ ​vor​ ​der​ ​Tür. Juchhu,​ ​ich​ ​bekomme​ ​für​ ​mein​ ​Velo​ ​einen​ ​neuen​ ​Mantel​ ​und​ ​Schlauch​ ​mit​ ​Autoventil​ ​und dazu​ ​eine​ ​ordentliche​ ​Luftpumpe​ ​für​ ​wenig​ ​Geld.​ ​Auf​ ​dem​ ​Rückweg​ ​schaue​ ​ich​ ​noch​ ​beim Office​ ​de​ ​tourism​ ​vorbei.​ ​Die​ ​solten​ ​eigentlich​ ​jetzt​ ​aufmachen,​ ​aber​ ​es​ ​tut​ ​sich​ ​nichts,​ ​auch nachdem​ ​ich​ ​in​ ​de​ ​r​ ​Bar​ ​nebenan​ ​einen​ ​grande​ ​cafe​ ​getrunken​ ​habe.​ ​Also​ ​geht’s​ ​zurück zum​ ​Platz.​ ​Jetzt​ ​wird​ ​auch​ ​das​ ​Zelt​ ​verpackt​ ​und​ ​gefrühstückt.​ ​Halb​ ​elf​ ​fange​ ​ich​ ​mit​ ​der Reparatur​ ​an​ ​und​ ​eine​ ​Stunde​ ​später​ ​sitze​ ​ich​ ​im​ ​Sattel.​ ​Ich​ ​hole​ ​mir​ ​im​ ​Office,​ ​das​ ​nun​ ​auch geöffnet​ ​ist,​ ​eine​ ​kostenlose​ ​Karte​ ​“la​ ​Normandie​ ​a​ ​velo“​ ​und​ ​lasse,​ ​da​ ​ich​ ​swieso​ ​daran vorbeikomme,​ ​den​ ​Reifendruck​ ​prüfen. Ziel​ ​ist​ ​heute​ ​Domfront​ ​nach​ ​der​ ​gestrigen​ ​langen​ ​Etappe.​ ​Schön,​ ​dass​ ​es​ ​wie​ ​gestern​ ​eine Flachetappe​ ​ist​ ​-​ ​also​ ​ohne​ ​nennenswerte​ ​Steigungen.​ ​Es​ ​geht​ ​aber​ ​trotzdem​ ​fast

unmerklich​ ​bergauf,​ ​so​ ​etwa​ ​wie​ ​wenn​ ​man​ ​von​ ​Moers​ ​nach​ ​Xanten​ ​radelt.​ ​Aber​ ​es​ ​fährt sich​ ​gut​ ​entlang​ ​einer​ ​alten​ ​Eisenbahnstrecke,​ ​die​ ​meist​ ​von​ ​Bäumen​ ​beschattet​ ​ist.​ ​Ich genieße​ ​es​ ​so​ ​zu​ ​fahren,​ ​schalte​ ​ab​ ​und​ ​kann​ ​gerade​ ​noch​ ​vor​ ​einem​ ​der​ ​Balken​ ​bremsen, die​ ​man​ ​immer​ ​umfahren​ ​muss,​ ​wenn​ ​eine​ ​Straße​ ​kreuzt.​ ​Auf​ ​der​ ​anderen​ ​Seite​ ​lande​ ​ich vor​ ​lauter​ ​Schreck​ ​beinahe​ ​im​ ​Graben.​ ​Das​ ​eben​ ​hätte​ ​böse​ ​für​ ​mich​ ​ausgehen​ ​können,​ ​da ich​ ​ausnahmsweise​ ​die​ ​40​ ​km​ ​ohne​ ​Helm​ ​fahre.​ ​Habe​ ​dann​ ​kurz​ ​vor​ ​Domfront​ ​ein Aha-Erlebnis.​ ​Im​ ​letzten​ ​Jahr​ ​wollte​ ​ich​ ​nämlich​ ​zum​ ​Mont-Saint-Michel​ ​und​ ​habe​ ​eine Stunde​ ​(=10​ ​km)​ ​den​ ​Weg​ ​gesucht​ ​und​ ​bin​ ​dann​ ​weitere​ ​10​ ​km​ ​Straße​ ​gefahren,​ ​bis​ ​ich​ ​die Velo​ ​route​ ​wieder​ ​hatte.​ ​Ich​ ​bleibe​ ​heute​ ​in​ ​Domfront,​ ​da​ ​ich​ ​keinen​ ​Bock​ ​auf​ ​weitere​ ​22​ ​km habe.​ ​Außerdem​ ​kostet​ ​mich​ ​die​ ​Übernachtung​ ​nur​ ​3,50​ ​Euro.​ ​Dazu​ ​gibt​ ​es​ ​einen Aufenthaltsraum​ ​mit​ ​allem​ ​Zubehör.​ ​Dem​ ​Zeltaufbau​ ​folgt​ ​Wäsche​ ​waschen,​ ​die​ ​ich​ ​auch trocken​ ​bekomme.​ ​Im​ ​letzten​ ​Jahr​ ​habe​ ​ich​ ​meine​ ​Schlafanzughose​ ​trocken​ ​gebügelt,​ ​weil es​ ​pieselte,​ ​während​ ​ich​ ​in​ ​der​ ​Stadt​ ​war.​ ​Danach​ ​steige​ ​ich​ ​hinauf​ ​zur​ ​mittelalterlichen​ ​Stadt und​ ​schaue​ ​mir​ ​die​ ​Burgruine​ ​an.​ ​Ich​ ​selbst​ ​bin​ ​ein​ ​Bild​ ​für​ ​die​ ​Götter​ ​-​ ​hochgekrempelte Trekkinghosen,​ ​ein​ ​frisches​ ​ärmelloses​ ​Fahrradshirt​ ​und​ ​Flipflops​ ​an​ ​den​ ​weißen​ ​Füßen​ ​bei braunen​ ​Waden.​ ​Meine​ ​Arme​ ​sind​ ​auch​ ​schön​ ​gebräunt,​ ​die​ ​Hände​ ​sind​ ​weiß. Morgen​ ​soll​ ​es​ ​mit​ ​der​ ​Sonne​ ​vorbei​ ​sein.​ ​Ich​ ​weiß​ ​noch​ ​immer​ ​nicht,​ ​wohin​ ​mich​ ​der​ ​Weg weiter​ ​führt.​ ​Ziel​ ​ist​ ​jetzt​ ​in​ ​2​ ​Tagen​ ​Caen​ ​-​ ​Paris​ ​ist​ ​mit​ ​330​ ​km​ ​auf​ ​der​ ​Velo​ ​route​ ​40​ ​zu nahe.​ ​Da​ ​wäre​ ​ich​ ​in​ ​5​ ​Tagen​ ​und​ ​hätte​ ​dann​ ​noch​ ​7​ ​Tage​ ​Zeit,​ ​bis​ ​mein​ ​Thalys​ ​zurück​ ​nach Deutschland​ ​fährt.

 

Di,​ ​08.08.17

Gestern​ ​war​ ​es​ ​schon​ ​um​ ​22​ ​Uhr​ ​sehr​ ​ruhig​ ​auf​ ​dem​ ​Platz.​ ​Nur​ ​ein​ ​Käuzchen​ ​war​ ​ewig​ ​zu hören.​ ​Dazu​ ​war​ ​Vollmond.​ ​Und​ ​kalt​ ​war​ ​es.​ ​Ich​ ​bin​ ​schön​ ​in​ ​meinen​ ​Schlafsack​ ​gekrochen und​ ​habe​ ​ihn​ ​bis​ ​oben​ ​zugemacht.​ ​Heute​ ​bin​ ​ich​ ​erst​ ​halbneun​ ​aufgewacht.​ ​Blick​ ​zum Himmel​ ​und​ ​dann​ ​in​ ​Windeseile​ ​ge-​ ​und​ ​verpackt,​ ​weil​ ​das​ ​Zelt​ ​auch​ ​frei​ ​von​ ​Kondenswaser war.​ ​Duschen,​ ​Frühstück​ ​und​ ​ab​ ​geht's​ ​nach​ ​Flers.​ ​Dort​ ​kommen​ ​die​ ​ersten​ ​Tropfen.​ ​Aber schön​ ​flach​ ​waren​ ​die​ ​22​ ​km​ ​bis​ ​dahin.​ ​Das​ ​soll​ ​sich​ ​bald​ ​ändern.​ ​Aber​ ​erstmal​ ​führt​ ​der Fahrradweg​ ​am​ ​Bahnhof​ ​vorbei.​ ​Dort​ ​stelle​ ​ich​ ​mich​ ​unter,​ ​bis​ ​der​ ​nun​ ​auftretende​ ​Schauer vorbei​ ​ist.​ ​Frohgemut​ ​mache​ ​ich​ ​mich​ ​auf​ ​den​ ​Weg​ ​nach​ ​Pont​ ​Ouilly​ ​-​ ​​ ​nichtsahnend,​ ​dass vor​ ​mir​ ​37​ ​km​ ​ständiges​ ​Auf​ ​und​ ​Ab​ ​sein​ ​werden.​ ​Ich​ ​bin​ ​in​ ​der​ ​Suisse​ ​de​ ​Normandie gelandet.​ ​Der​ ​Ort​ ​ist​ ​das​ ​Langweiligste,​ ​was​ ​ich​ ​bis​ ​jetzt​ ​erlebt​ ​habe.​ ​Es​ ​gibt​ ​nichts​ ​zu besichtigen,​ ​das​ ​Tourismusbüro​ ​hat​ ​nur​ ​an​ ​wenigen​ ​Tagen​ ​geöffnet​ ​-​ ​heute​ ​natürlich​ ​nicht​ ​- und​ ​der​ ​Campingplatz​ ​auch​ ​nicht​ ​die​ ​Welt.​ ​Er​ ​ist​ ​fast​ ​leer​ ​und​ ​ich​ ​baue​ ​mein​ ​Zelt​ ​gegenüber einem​ ​Jack-Wolfskin-Zelt​ ​auf.​ ​Sieht​ ​nach​ ​deutschen​ ​Besitzern​ ​aus.​ ​​ ​Zum​ ​Abendbrot​ ​leiste ich​ ​mir​ ​einen​ ​Besuch​ ​in​ ​der​ ​Pizzeria​ ​und​ ​laufe​ ​noch​ ​ein​ ​wenig​ ​im​ ​Ort​ ​hin​ ​und​ ​her​ ​u.a.​ ​auch an​ ​den​ ​Rand​ ​zum​ ​Wohnmobilstellplatz.​ ​Dort​ ​sind​ ​auch​ ​kaum​ ​welche,​ ​aber​ ​dafür​ ​ist​ ​nach meiner​ ​Rückkehr​ ​zum​ ​Zelt​ ​auch​ ​die​ ​Besitzerin​ ​des​ ​anderen​ ​Zeltes​ ​aufgetaucht.​ ​An​ ​der Nummer​ ​ihres​ ​Autos​ ​erkenne​ ​ich,​ ​dass​ ​sie​ ​ao​ ​Freiburg​ ​ist,​ ​grüße​ ​auf​ ​Deutsch​ ​und​ ​schon sind​ ​wir​ ​im​ ​Gespräch,​ ​sitzen​ ​später​ ​zusammen​ ​bis​ ​23​ ​Uhr.​ ​Sie​ ​ist​ ​genauso​ ​alt​ ​wie​ ​ich, arbeitet​ ​auch​ ​im​ ​öffentlichen​ ​Dienst​ ​und​ ​wandert​ ​gern.​ ​Wir​ ​haben​ ​genügend​ ​GEsprächsstoff.

 

MI,​ ​09.08.17

Schon​ ​morgens​ ​sind​ ​wir​ ​beide​ ​am​ ​Schwafeln,​ ​später​ ​entferne​ ​ich​ ​Beate​ ​noch​ ​eine​ ​Zecke​ ​am hinteren​ ​oberen​ ​Oberschenkel,​ ​da​ ​sie​ ​da​ ​schlecht​ ​rankommt.​ ​Halb​ ​elf​ ​verlassen​ ​wir Beide​ ​den​ ​Platz,​ ​sie​ ​mit​ ​ihrem​ ​Auto​ ​gen​ ​Heimat,​ ​ich​ ​mit​ ​meinem​ ​Fahhrad​ ​in​ ​Richtung Clinchamps-sur-Orne.​ ​Dort​ ​wollte​ ​ich​ ​eigentlich​ ​übernachten,​ ​verpasse​ ​aber​ ​die​ ​Abfahrt,​ ​weil es​ ​nach​ ​ersten​ ​24​ ​km​ ​Auf​ ​und​ ​Ab​ ​ab​ ​Thury,Harcourt​ ​endlich​ ​flach​ ​ist.​ ​Ich​ ​befinde​ ​mich​ ​auf einem​ ​super​ ​ausgebauten​ ​Radweg​ ​entlang​ ​der​ ​alten​ ​Eisenbahntrasse​ ​und​ ​des​ ​Flusses Orne.​ ​Somit​ ​bin​ ​ich​ ​plötzlich​ ​schon​ ​kurz​ ​vor​ ​Caen.​ ​Dort​ ​erwischt​ ​mich​ ​ein​ ​Regenband​ ​und ich​ ​stelle​ ​mich​ ​schon​ ​halbnass​ ​eine​ ​halbe​ ​Stunde​ ​unter​ ​eine​ ​Brücke.​ ​In​ ​Caen​ ​wird​ ​das Wetter​ ​wieder​ ​schön,​ ​dafür​ ​verliere​ ​ich​ ​mal​ ​wieder​ ​den​ ​Radweg​ ​und​ ​stehe​ ​plötzlich​ ​an​ ​einer Auffahrt​ ​zu​ ​National​ ​route.​ ​Aber​ ​da​ ​ist​ ​auch​ ​eine​ ​Bushaltestelle​ ​und​ ​da​ ​hängen​ ​meist​ ​Karten aus​ ​mit​ ​den​ ​Linienplänen.​ ​Das​ ​hat​ ​mir​ ​zur​ ​Orientierung​ ​schon​ ​einige​ ​Male​ ​geholfen. Tatsächlich​ ​finde​ ​ich​ ​auf​ ​diese​ ​Weise Den​ ​Weg​ ​nach​ ​Hermanville​ ​und​ ​zu​ ​einem​ ​Campingplatz,​ ​auf​ ​denen​ ​auch​ ​Zelte​ ​stehen dürfen.​ ​Bleibt​ ​die​ ​Frage​ ​des​ ​Einkaufens.​ ​Ein​ ​hilfsbereiter​ ​Franzose​ ​und​ ​seine​ ​Mutter​ ​bieten mir​ ​an,​ ​mit​ ​dem​ ​Auto​ ​vorweg​ ​zu​ ​fahren​ ​und​ ​ich​ ​mit​ ​dem​ ​Rad​ ​hinterher.​ ​Mama​ ​würde langsam​ ​fahren.​ ​Jaaaa,​ ​und​ ​ich​ ​flitze​ ​nach​ ​den​ ​ganzen​ ​Tageskilometern​ ​und​ ​Anstiegen hinterher.​ ​Später​ ​wieder​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​geht​ ​ein​ ​Gewitter​ ​herunter,​ ​gerade​ ​als​ ​ich​ ​Tagebuch schreibe​ ​und​ ​mich​ ​dazu​ ​in​ ​den​ ​Sanitäranlagen​ ​aufhalte.​ ​Außerdem​ ​gibt​ ​es​ ​Livemusik​ ​von einem​ ​Elvisverschnitt​ ​und​ ​dazu​ ​heult​ ​ständig​ ​ein​ ​Hund​ ​mit.​ ​Um​ ​23.30​ ​Uhr​ ​ist​ ​endlich​ ​Ruhe.

 

Do,​ ​10.08.17

Es​ ​stürmt​ ​und​ ​regnet.​ ​Ich​ ​habe​ ​eigentlich​ ​keine​ ​Lust​ ​hier​ ​zu​ ​bleiben.​ ​Also​ ​stehe​ ​ich​ ​um​ ​acht auf,​ ​ziehe​ ​mich​ ​an​ ​und​ ​frühstücke​ ​im​ ​Zelt.​ ​Plötzlich​ ​eine​ ​Regenpause​ ​und​ ​auf​ ​dem​ ​Platz wird​ ​​ ​es​ ​lebendig.​ ​Auf​ ​dem​ ​Weg​ ​zur​ ​Toilette​ ​nehme​ ​ich​ ​eine​ ​Unterstell-​ ​und Zelttrockengelegenheit​ ​wahr.​ ​Ich​ ​fange​ ​schon​ ​mal​ ​an​ ​den​ ​Rucksack​ ​zu​ ​packen​ ​und​ ​auch das​ ​Innenzelt​ ​einzurollen.​ ​Es​ ​regnet​ ​wieder,​ ​als​ ​ich​ ​gerade​ ​fertig​ ​bin.​ ​Also​ ​abwarten​ ​und alles​ ​in​ ​der​ ​nächsten​ ​Regenpause​ ​unter​ ​dieses​ ​Dach​ ​geschafft.​ ​Bald​ ​habe​ ​ich​ ​alles​ ​dort, mein​ ​Außenzelt​ ​zum​ ​Trocknen​ ​aufgehängt.​ ​Dann​ ​gehe​ ​ich​ ​an​ ​der​ ​Bar​ ​einen​ ​Grand​ ​cafe trinken.​ ​Mein​ ​Zelt​ ​ist​ ​gut​ ​getrocknet,​ ​ich​ ​verpacke​ ​es​ ​-​ ​gerade​ ​rechtzeitig,​ ​denn​ ​auf​ ​einmal geht​ ​ein​ ​richtiges​ ​Unwetter​ ​los,​ ​wobei​ ​der​ ​Wind​ ​den​ ​Regen​ ​halb​ ​unter​ ​das​ ​Dach​ ​drückt.​ ​Ich quetsche​ ​mich​ ​und​ ​mein​ ​Gepäck​ ​in​ ​eine​ ​Ecke,​ ​das​ ​Zelt​ ​wäre​ ​jetzt​ ​wieder​ ​nass​ ​geworden, wenn​ ​es​ ​noch​ ​da​ ​gehangen​ ​hätte.​ ​Halb​ ​zwölf​ ​kann​ ​ich​ ​endlich​ ​losfahren.​ ​Entlang​ ​der Landungsstrände​ ​geht​ ​es​ ​immer​ ​an​ ​der​ ​Küste​ ​lang​ ​gen​ ​Westen.​ ​Das​ ​Meer​ ​macht​ ​einen Heidenradau​ ​und​ ​die​ ​Wellen​ ​preschen​ ​an​ ​den​ ​Strand.​ ​Ich​ ​genieße​ ​die​ ​Fahrt​ ​trotz Gegenwind​ ​und​ ​Flipflops​ ​an​ ​den​ ​Füßen.​ ​Solches​ ​Schuhwerk​ ​habe​ ​ich​ ​beim​ ​Radeln​ ​noch​ ​nie getragen,​ ​aber​ ​ich​ ​habe​ ​keine​ ​Lust​ ​auf​ ​nasse​ ​Schuhe.​ ​Die​ ​habe​ ​ich​ ​wasserdicht​ ​verpackt und​ ​auf​ ​die​ ​Zeltrolle​ ​geschnallt.​ ​Als​ ​nach​ ​20​ ​km​ ​kein​ ​Regen​ ​mehr​ ​zu​ ​erwarten​ ​ist,​ ​wechsel ich​ ​dann​ ​das​ ​Schuhwerk,​ ​ziehe​ ​die​ ​Regenklamotten​ ​aus​ ​und​ ​fahre​ ​bis Arromanches-les-Bains.​ ​Wennman​ ​so​ ​allein​ ​in​ ​Ruhe​ ​diese​ ​Landungsstrände​ ​entlang​ ​radelt mit​ ​seinen​ ​ganzen​ ​Memorials​ ​kommt​ ​man​ ​nicht​ ​drum​ ​herum,​ ​über​ ​diese​ ​Zeit​ ​damals nachzudenken. Und​ ​ich​ ​beschließe,​ ​in​ ​Arromanches​ ​zu​ ​übernachten.​ ​War​ ​zwar​ ​heute​ ​eine​ ​kurze​ ​Etappe, aber​ ​dieser​ ​Ort​ ​lebt,​ ​man​ ​kann​ ​am​ ​Strand​ ​entlanglaufen​ ​und​ ​auch​ ​zur​ ​Steilküste​ ​hoch.​ ​Ich logge​ ​auf​ ​dem​ ​Campingplatz​ ​ein,​ ​habe​ ​gerade​ ​das​ ​Zelt​ ​aufgebaut,​ ​aber​ ​noch​ ​nicht​ ​die Spannleinen​ ​,​ ​da​ ​kommen​ ​die​ ​Ersten​ ​Tropfen.​ ​In​ ​Windeseile​ ​schmeiße​ ​ich​ ​alles​ ​ins​ ​Zelt,

krieche​ ​auch​ ​hinein​ ​und​ ​schon​ ​geht​ ​ein​ ​kräftiger​ ​Schauer​ ​runter.​ ​Schwein​ ​gehabt!​ ​Drinnen räume​ ​ich​ ​inzwischen​ ​alles​ ​an​ ​seinen​ ​Platz​ ​und​ ​als​ ​der​ ​Regen​ ​aufhört,​ ​bin​ ​auch​ ​ich​ ​fertig. Das​ ​Zelt​ ​wird​ ​noch​ ​gespannt​ ​und​ ​danach​ ​geht's​ ​in​ ​den​ ​Ort​ ​essen,​ ​am​ ​Strand​ ​wandern​ ​und auch​ ​hoch​ ​auf​ ​die​ ​Steilküste.​ ​Abends​ ​sitze​ ​ich​ ​draußen,​ ​habe​ ​mein​ ​Tablet​ ​mittels​ ​Adapter​ ​an die​ ​Stromsäule​ ​des​ ​Emplacement​ ​angeschlossen​ ​und​ ​schreibe​ ​Tagebuch.​ ​Solte​ ​morgen​ ​das Wetter​ ​schlecht​ ​sein,​ ​bleibe​ ​ich​ ​hier,​ ​ansonsten​ ​werde​ ​ich​ ​weiterfahren​ ​bis​ ​Issigny-sur-Mer und​ ​von​ ​dort​ ​aus​ ​ohne​ ​Gepäck​ ​zum​ ​Grandcamp-Maisy.

 

Fr,​ ​11.08.17

Halb​ ​acht​ ​wache​ ​ich​ ​auf,​ ​krieche​ ​aus​ ​meinem​ ​Zelt​ ​und​ ​bemerke​ ​rings​ ​um​ ​mich​ ​emsiges Packen.​ ​Also​ ​gehe​ ​ich​ ​fix​ ​duschen​ ​und​ ​packe​ ​auch,​ ​da​ ​der​ ​Himmel​ ​zunehmend​ ​zuzieht. Noch​ ​dazu​ ​zieht​ ​Nebel​ ​auf,​ ​aber​ ​nur​ ​kurz,​ ​dann​ ​klart​ ​es​ ​auf​ ​und​ ​es​ ​wird​ ​schön.​ ​Nur​ ​ziemlich kühl​ ​ist​ ​es,​ ​so​ ​dass​ ​ich​ ​erstmalig​ ​​ ​im​ ​langen​ ​Shirt​ ​starte.​ ​Wie​ ​geplant​ ​geht​ ​es​ ​nach Insigny-sur-Mer,​ ​wobei​ ​ich​ ​schonmal​ ​zum​ ​Pont​ ​du​ ​Hoc​ ​einen​ ​Abstecher​ ​mache.​ ​Das​ ​ist​ ​der Abschnitt,​ ​wo​ ​die​ ​Amerkaner​ ​am​ ​D-Day​ ​1944​ ​unerwartet​ ​die​ ​Steilküste​ ​erklommen​ ​haben. Außerdem​ ​hat​ ​man​ ​das​ ​Gelände​ ​bit​ ​den​ ​ganzen​ ​Bombenkratern​ ​so​ ​gelassen,​ ​wie​ ​es​ ​damals war.​ ​Es​ ​ist​ ​alles​ ​Mögliche​ ​verboten:​ ​Hunde​ ​(nicht​ ​mal​ ​angeleint),​ ​picknicken​ ​usw.​ ​Es​ ​soll​ ​halt ein​ ​Ort​ ​des​ ​Gedenkens​ ​sein. In​ ​Isigny​ ​steuer​ ​ich​ ​den​ ​Campingplatz​ ​an,​ ​doch​ ​der​ ​ist​ ​mir​ ​zu​ ​teuer.​ ​Ich​ ​mache​ ​Rast​ ​in​ ​einer Snackbar,​ ​begrabe​ ​die​ ​Idee​ ​von​ ​hier​ ​aus​ ​nochmal​ ​ohne​ ​Gepäck​ ​nach​ ​Grandchamp​ ​Maisy und​ ​zum​ ​Pont​ ​du​ ​Hoc​ ​zu​ ​fahren,​ ​und​ ​radele​ ​nach​ ​Carentan.​ ​​ ​Via​ ​Google​ ​habe​ ​ich​ ​dort gestern​ ​einen​ ​Campingplatz​ ​entdeckt.​ ​Nach​ ​Carentan​ ​ist​ ​es​ ​kürzer​ ​als​ ​erwartet.​ ​Der​ ​Platz entspricht​ ​preislich​ ​und​ ​auch​ ​so​ ​meinen​ ​Erwartungen.​ ​Ich​ ​baue​ ​auf,​ ​laufe​ ​zu​ ​LeClerc​ ​zum Einkaufen​ ​und​ ​mache​ ​mal​ ​Beinrasur​ ​und​ ​Nagelpflege.​ ​Dabei​ ​entdecke​ ​ich​ ​das​ ​Resultat​ ​der Flipfop-Tour​ ​von​ ​gestern​ ​-​ ​eine​ ​riesige​ ​aufgegangene​ ​Blase​ ​am​ ​großen​ ​Zeh​ ​in​ ​Richtung nächster​ ​Zeh.​ ​Die​ ​Haut​ ​ist​ ​noch​ ​da​ ​und​ ​wird​ ​wieder​ ​draufgeklappt​ ​-​ ​dann​ ​kommt​ ​Pflaster ohne​ ​Gage​ ​drumherum.​ ​Mein​ ​Abendessen​ ​nehme​ ​ich​ ​heute​ ​in​ ​der​ ​Nähe​ ​des​ ​Spielplatzes ein,​ ​denn​ ​da​ ​gibt​ ​es​ ​Sessel​ ​und​ ​Tische.​ ​Ich​ ​schaue​ ​den​ ​Kindern​ ​beim​ ​auf​ ​dem Trampolinspringen​ ​zu​ ​und​ ​spiele​ ​mit​ ​einem​ ​behinderten​ ​Mädchen​ ​Ball.​ ​Um​ ​20.30​ ​Uhr​ ​findet eine​ ​Zaubershow​ ​statt.​ ​Habe​ ​ich​ ​ja​ ​ewig​ ​nicht​ ​live​ ​gesehen.​ ​Und​ ​da​ ​der​ ​Zauberer französisch​ ​und​ ​englisch​ ​quatscht,​ ​verstehe​ ​ich​ ​wenigstens​ ​auch​ ​was.

 

Sa,​ ​12.08.17

Hat​ ​gestern​ ​etwas​ ​länger​ ​gedauert,​ ​bis​ ​Ruhe​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​eingekehrt​ ​war.​ ​Einige​ ​Holländer scheinen​ ​das​ ​Wort​ ​Rücksicht​ ​nicht​ ​zu​ ​kennen. Schon​ ​vorm​ ​Schlafen​ ​hat​ ​der​ ​Nieselregen​ ​eingesetzt.​ ​Heute​ ​Morgen​ ​ist​ ​er​ ​immer​ ​noch​ ​da. Ich​ ​will​ ​hier​ ​weg,​ ​also​ ​packe​ ​ich.​ ​Zwischenzeitlich​ ​hört​ ​es​ ​auf​ ​zu​ ​regnen​ ​-​ ​Zeit,​ ​​ ​alles​ ​unter ein​ ​Dach​ ​bei​ ​den​ ​Sanitäranlagen​ ​zu​ ​bringen.​ ​Dort​ ​kann​ ​ich​ ​auch​ ​mein​ ​Außenzelt​ ​zum Trocknen​ ​aufhängen.​ ​Derweil​ ​frühstücke​ ​ich​ ​dort,​ ​wo​ ​ich​ ​gestern​ ​Abendbrot​ ​gegessen​ ​habe. Zwischendurch​ ​hole​ ​ich​ ​meinen​ ​ganzen​ ​Krempel​ ​dorthin​ ​und​ ​unterhalte​ ​mich​ ​kurz​ ​mit​ ​einem irischen​ ​älterem​ ​Ehepaar.​ ​Fine​ ​english​ ​weather!​ ​:)​ ​​ ​Das​ ​Zelt​ ​trocknet​ ​gut​ ​ab​ ​und​ ​fast​ ​trocken kann​ ​ich​ ​es​ ​verpacken.​ ​Ich​ ​mache​ ​mich​ ​abreisefertig​ ​-​ ​just​ ​als​ ​ich​ ​los​ ​will,​ ​pieselt​ ​es​ ​wieder. Pfeif​ ​drauf,​ ​ich​ ​setze​ ​mich​ ​in​ ​Bewegung.​ ​Ich​ ​bin​ ​die​ ​ganze​ ​Strecke​ ​fast​ ​ohne​ ​einen Menschen​ ​und​ ​es​ ​ist​ ​mal​ ​wieder​ ​scheinbar​ ​flach,​ ​denn​ ​es​ ​geht​ ​fast​ ​unmerklich​ ​bergan.​ ​Die

Strecke​ ​ist​ ​teilweise​ ​ein​ ​wenig​ ​matschig​ ​und​ ​eine​ ​Mischung​ ​aus​ ​platt​ ​gewalzter​ ​Erde​ ​mit rotem​ ​Kies.​ ​Bald​ ​sehe​ ​ich​ ​aus​ ​wie​ ​Schwein​ ​-​ ​​ ​das​ ​Fahrrad​ ​aber​ ​auch.​ ​Und​ ​das​ ​Gemeinste ist,​ ​dass​ ​sich​ ​alles​ ​in​ ​den​ ​Ritzeln​ ​des​ ​Hinterrades​ ​festsetzt,​ ​so​ ​dass​ ​ich​ ​kaum​ ​noch​ ​schalten kann​ ​und​ ​es​ ​kräftig​ ​rasselt.​ ​Kurz​ ​vor​ ​Portbail​ ​hört​ ​es​ ​auf​ ​zu​ ​pieseln​ ​und​ ​die​ ​Sonne​ ​lässt​ ​sich blicken.​ ​Dafür​ ​bläst​ ​jetzt​ ​ein​ ​kräftiger​ ​Gegenwind,​ ​da​ ​ich​ ​das​ ​Meer​ ​wieder​ ​erreicht​ ​habe. Ich​ ​bin​ ​froh,​ ​als​ ​ich​ ​Barneville​ ​ereicht​ ​habe​ ​und​ ​den​ ​Campingplatz​ ​vom​ ​letzten​ ​Jahr.​ ​Ich werde​ ​sofort​ ​erkannt.​ ​Wie​ ​geht's,​ ​werde​ ​ich​ ​begrüßt.​ ​Ich​ ​freu​ ​mich.​ ​In​ ​Ruhe​ ​baue​ ​ich​ ​das Zelt​ ​auf,​ ​fahre​ ​einkaufe​ ​-​ ​schön,​ ​wenn​ ​man​ ​weiß,​ ​wo​ ​alles​ ​zu​ ​finden​ ​ist​ ​-​ ​und​ ​widme​ ​mich meinem​ ​Fahrrad.​ ​Eine​ ​Stunde​ ​mache​ ​ich​ ​mühsam​ ​mit​ ​einer​ ​neuen​ ​Zahnbürste​ ​und​ ​einem Stöckchen​ ​den​ ​ganzen​ ​Dreck​ ​aus​ ​den​ ​Ritzeln.​ ​Dann​ ​wird​ ​die​ ​Kette​ ​geölt,​ ​durchgeschaltet​ ​in sämtliche​ ​Gänge​ ​bei​ ​einer​ ​Probefahrt​ ​und​ ​siehe​ ​da,​ ​alles​ ​ist​ ​wieder​ ​normal.​ ​Nun​ ​kann​ ​es nach​ ​Carteret​ ​gehen​ ​zum​ ​Cap.​ ​Meine​ ​Kletterpartie​ ​über​ ​die​ ​Felsen​ ​um​ ​das​ ​Cap​ ​herum​ ​ist etwas​ ​waghalsig,​ ​aber​ ​ich​ ​schaffe​ ​es​ ​und​ ​freu​ ​mich​ ​als​ ​ich​ ​heil​ ​oben​ ​ankomme.​ ​Es​ ​wird​ ​eine schöne​ ​weitere​ ​Wanderung​ ​da​ ​oben​ ​und​ ​noch​ ​ein​ ​schöner​ ​abendlicher​ ​Spaziergang​ ​zurück durch​ ​und​ ​in​ ​den​ ​Ort.​ ​Zum​ ​Abend​ ​rot​ ​gibt​ ​es​ ​heute​ ​ein​ ​Bierchen​ ​und​ ​morgen​ ​will​ ​ich​ ​mir einen​ ​gemütlichen​ ​Tag​ ​machen.​ ​Es​ ​ist​ ​hier​ ​einer​ ​der​ ​Orte,​ ​wo​ ​ich​ ​schon​ ​immer​ ​gern​ ​war.

 

So,​ ​13.08.17

Ach​ ​ist​ ​das​ ​herrlich,​ ​bis​ ​halb​ ​neun​ ​zu​ ​schlafen​ ​und​ ​dann​ ​noch​ ​zu​ ​dösen,​ ​weil​ ​man​ ​nicht packen​ ​muss.​ ​Das​ ​Wetter​ ​spielt​ ​auch​ ​mit.​ ​Ich​ ​beginne​ ​den​ ​​ ​Tag​ ​mit​ ​großer​ ​Wäsche​ ​und​ ​bin auch​ ​bereit,​ ​5​ ​Euro​ ​für​ ​den​ ​Trockner​ ​zu​ ​zahlen,​ ​da​ ​ich​ ​auf​ ​meinem​ ​Emplacement​ ​keinen einzigen​ ​Baum​ ​zum​ ​Wäscheleine​ ​spannen​ ​habe.​ ​Während​ ​die​ ​Wäsche​ ​meiner​ ​Meinung nach​ ​im​ ​Trockner​ ​ihre​ ​Runden​ ​dreht,​ ​frühstücke​ ​ich​ ​-​ ​heute​ ​mit​ ​einem​ ​schönen​ ​heißen Grand​ ​cafe.​ ​Als​ ​ich​ ​danach​ ​meine​ ​Wäsche​ ​aus​ ​dem​ ​Trockner​ ​nehmen​ ​will,​ ​ist​ ​sie​ ​nasser​ ​als vorher.​ ​Ich​ ​mache​ ​wieder​ ​zu,​ ​sie​ ​startet,​ ​ich​ ​mache​ ​wieder​ ​auf​ ​und​ ​das​ ​Wasser​ ​steht​ ​bis obenhin.​ ​Ich​ ​gehe​ ​zum​ ​Campingplatzbesitzer​ ​und​ ​sage​ ​machine​ ​desolee.​ ​Er​ ​kommt​ ​mit,​ ​wir gucken,​ ​Wäsche​ ​sieht​ ​jetzt​ ​aus​ ​wie​ ​geschleudert.​ ​Er​ ​gibt​ ​mir​ ​noch​ ​einen​ ​Jeton​ ​für​ ​die Maschine​ ​und​ ​geht.​ ​Überm​ ​Wundern​ ​beschleicht​ ​mich​ ​eine​ ​Ahnung.​ ​Ich​ ​habe​ ​die Waschmaschine​ ​für​ ​einen​ ​Trockner​ ​gehalten.​ ​Ich​ ​packe​ ​meine​ ​Wäsche​ ​um​ ​und​ ​eine​ ​halbe Stunde​ ​später​ ​habe​ ​ich​ ​schöne​ ​trockene​ ​Wäsche.​ ​Dann​ ​geht's​ ​zu​ ​Fuß​ ​nach​ ​Carteret​ ​in​ ​den Hafen.​ ​Dort​ ​ist​ ​heute​ ​ein​ ​Fest,​ ​das​ ​mich​ ​aber​ ​nicht​ ​vom​ ​Hocker​ ​reißt.​ ​Dafür​ ​latsche​ ​ich nochmal​ ​zum​ ​Cap​ ​hoch​ ​um​ ​Fotos​ ​zu​ ​machen,​ ​denn​ ​ich​ ​erlebe​ ​das​ ​Cap​ ​endlich​ ​mal​ ​bei voller​ ​Flut.​ ​Zurück​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​lasse​ ​ich​ ​die​ ​Seele​ ​baumeln​ ​mit​ ​Sudoku​ ​in​ ​der​ ​Sonne​ ​und Googelnauf​ ​einer​ ​schönen​ ​weichen​ ​Bank​ ​in​ ​der​ ​Bar.​ ​Dazu​ ​gibt's​ ​Kakao.​ ​Später​ ​mache​ ​ich noch​ ​eine​ ​Miniradtour​ ​und​ ​esse​ ​Fritten​ ​im​ ​Hafen.​ ​Dabei​ ​verabschiedet​ ​sich​ ​ein​ ​Teil​ ​des Zahnes,​ ​bei​ ​dem​ ​ich​ ​neulich​ ​die​ ​Plombe​ ​verschluckt​ ​habe.​ ​Glücklicherweise​ ​tut​ ​nichts​ ​weh. Dann​ ​sitze​ ​ich​ ​am​ ​Strand​ ​noch​ ​eine​ ​ganze​ ​Weile​ ​auf​ ​einem​ ​Felsen​ ​und​ ​sonne​ ​mich. Morgen​ ​wil​ ​ich​ ​nach​ ​Valognes​ ​fahren,​ ​weiß​ ​aber​ ​noch​ ​nicht,​ ​ob​ ​ich​ ​den​ ​Bus​ ​oder​ ​das​ ​Rad nehme.​ ​Ich​ ​muss​ ​dort​ ​zum​ ​Bahnhof​ ​und​ ​ein​ ​Ticket​ ​für​ ​den​ ​Zug​ ​von​ ​Granville​ ​nach​ ​Paris​ ​für Samstag​ ​kaufen.​ ​Ich​ ​befürchte​ ​nämlich,​ ​dass​ ​ich​ ​am​ ​Donnerstag,​ ​wenn​ ​ich​ ​Granville erreichen​ ​werde,​ ​keines​ ​mehr​ ​bekomme.

 

Mo,​ ​14.08.17

Da​ ​ist​ ​man​ ​froh,​ ​dass​ ​abends​ ​Ruhe​ ​eingekehrt​ ​ist,​ ​plötzlich​ ​boom,​ ​hui,​ ​krach,​ ​zisch​ ​- Feuerwerk.​ ​War​ ​zu​ ​erwarten,​ ​wenn​ ​Fest​ ​ist,​ ​aber​ ​ich​ ​hatte​ ​trotzdem​ ​nicht​ ​damit​ ​gerechnet. Als​ ​das​ ​vorbei​ ​war​ ​und​ ​Leute​ ​meinten,​ ​sie​ ​müssten​ ​trotzdem​ ​noch​ ​laut​ ​redend​ ​an​ ​meinem Zelt​ ​vorbeilaufen,​ ​habe​ ​ich​ ​dann​ ​mal​ ​kurz​ ​“pscht“​ ​gemacht.​ ​Das​ ​ist​ ​immer​ ​sehr​ ​wirkungsvoll. Heute​ ​lege​ ​ich​ ​ohne​ ​Gepäck​ ​um​ ​zehn​ ​vor​ ​zehn​ ​ab​ ​in​ ​Richtung​ ​Valognes​ ​Bahnhof.​ ​Ich nehme​ ​den​ ​direkten​ ​Weg​ ​und​ ​bekomme​ ​nach​ ​fast​ ​4​ ​km​ ​angezeigt,​ ​dass​ ​es​ ​nun​ ​noch​ ​24​ ​km statt​ ​22​ ​km​ ​sind.​ ​Also​ ​Kilometeranzeigen​ ​gibt​ ​es​ ​bei​ ​den​ ​Franzosen​ ​ja​ ​selten,​ ​und​ ​wenn​ ​es sie​ ​gibt,​ ​stimmen​ ​sie​ ​meist​ ​nicht.​ ​Nach​ ​14​ ​km​ ​bekomme​ ​ich​ ​immerhin​ ​angezeigt,​ ​dass​ ​es​ ​bis dahin,​ ​wo​ ​ich​ ​gerade​ ​herkomme,​ ​14​ ​km​ ​sind​ ​und​ ​ich​ ​noch​ ​16​ ​km​ ​vor​ ​mir​ ​habe.​ ​Unterwegs​ ​in Briquebec​ ​ist​ ​Markt​ ​und​ ​sämtliche​ ​Straßen​ ​zugeparkt.​ ​In​ ​Valognes​ ​dann​ ​befindet​ ​sich​ ​der Bahnhof​ ​gleich​ ​am​ ​Ortseingang.​ ​Es​ ​gibt​ ​keinen​ ​Fahrkartenautomaten​ ​sondern​ ​nur​ ​den Schalter.​ ​Großer​ ​Schreck,​ ​die​ ​können​ ​meist​ ​kein​ ​Englisch.​ ​Aus​ ​Erfahrung​ ​weiß​ ​ich​ ​aber, was​ ​die​ ​alles​ ​wissen​ ​wollen,​ ​und​ ​so​ ​schreibe​ ​ich​ ​mit​ ​meinem​ ​spärlichen​ ​französischen Vokabular​ ​auf​ ​einen​ ​​ ​Zettel,​ ​was​ ​ich​ ​will,​ ​wer​ ​ich​ ​bin,​ ​das​ ​Alter​ ​und​ ​dass​ ​ich​ ​ohne​ ​Velo​ ​fahre, da​ ​ja​ ​mein​ ​Faltrad​ ​kostenlos​ ​transportiert​ ​wird.​ ​Als​ ​ich​ ​dran​ ​bin,​ ​schiebe​ ​ich​ ​meinen​ ​Zettel über​ ​den​ ​Schalter.​ ​Die​ ​Frau​ ​dahinter​ ​tippt​ ​alles​ ​in​ ​ihren​ ​Computer​ ​und​ ​ich​ ​bekomme​ ​ein dickes​ ​Lob​ ​-​ ​“perfect“.​ ​Ich​ ​strahle​ ​über​ ​alle​ ​vier​ ​Backen​ ​und​ ​nehme​ ​vielmals​ ​dankend​ ​mein Ticket​ ​in​ ​Empfang. Die​ ​30​ ​km​ ​fuhren​ ​sich​ ​heute​ ​relativ​ ​leicht,​ ​aber​ ​sie​ ​zurückzufahren​ ​habe​ ​ich​ ​keine​ ​Lust.​ ​Ich gucke​ ​mir​ ​die​ ​Stadt​ ​kurz​ ​an​ ​-​ ​es​ ​ist​ ​Montag​ ​und​ ​alle​ ​Läden​ ​haben​ ​zu.​ ​Um​ ​13.25​ ​Uhr​ ​soll​ ​ein Bus​ ​fahren​ ​-​ ​ja,​ ​wer​ ​Fahrplan​ ​lesen​ ​kann,​ ​ist​ ​klar​ ​im​ ​Vorteil.​ ​Es​ ​sind​ ​Schulferien​ ​und​ ​der​ ​Bus fährt​ ​14.10​ ​Uhr​ ​-​ ​aber​ ​dann​ ​wirklich.​ ​Ich​ ​finde​ ​es​ ​immer​ ​wieder​ ​frappierend,​ ​wie​ ​preiswert eine​ ​Busfahrt​ ​hier​ ​in​ ​La​ ​Manche​ ​ist​ ​und​ ​welch​ ​eine​ ​Ruhe​ ​im​ ​Bus​ ​herrscht,​ ​obwohl​ ​der​ ​richtig voll​ ​wird.​ ​Um​ ​15​ ​Uhr​ ​bin​ ​ich​ ​in​ ​Carteret,​ ​10​ ​Minuten​ ​später​ ​im​ ​Supermarkt​ ​in​ ​Barneville​ ​und gegen​ ​16​ ​Uhr​ ​wiederauf​ ​dem​ ​Campingplatz.​ ​Haare​ ​waschen​ ​und​ ​dann​ ​wird​ ​zu​ ​einem​ ​kühlen Bier​ ​aus​ ​dem​ ​Hahn​ ​ein​ ​wenig​ ​gegoogelt​ ​und​ ​die​ ​Planung​ ​für​ ​die​ ​restlichen​ ​Tage​ ​gemacht. Dank​ ​meines​ ​heutigen​ ​Abstechers​ ​nach​ ​Valognes​ ​habe​ ​ich​ ​mitbekommen,​ ​dass​ ​morgen​ ​in Saint-Saveur​ ​Vicomte​ ​das​ ​alljährliche​ ​Mittelalterfest​ ​ist.​ ​In​ ​Saint​ ​Saveur​ ​habe​ ​ich​ ​im​ ​letzten Jahr​ ​übernachtet​ ​und​ ​es​ ​ist​ ​nicht​ ​weit​ ​entfernt.​ ​Also​ ​werde​ ​ich​ ​in​ ​Barneville​ ​noch​ ​eine​ ​vierte Nacht​ ​bleiben.

 

Di,​ ​15.08.17

Der​ ​frühe​ ​Vogel​ ​fängt​ ​den​ ​Wurm​ ​-​ ​das​ ​kann​ ​ich​ ​zum​ ​heutigen​ ​Tag​ ​sagen. Ich​ ​wache​ ​sehr​ ​zeitig​ ​auf,​ ​höre​ ​Regen​ ​und​ ​schlafe​ ​weiter.​ ​Schließlich​ ​entscheide​ ​ich​ ​mich um​ ​8.45​ ​Uhr​ ​aufzustehen.​ ​Jetzt​ ​scheint​ ​auch​ ​die​ ​Sonne​ ​durch​ ​die​ ​Zeltwand.​ ​Duschen,​ ​in Ruhe​ ​frühstücken,​ ​kurz​ ​nach​ ​zehn​ ​Uhr​ ​lege​ ​ich​ ​ab​ ​in​ ​Richtung​ ​Saint-Saveur-le-Vicomte. Regenjacke​ ​wird​ ​vorsichtshalber​ ​eingepackt.​ ​Ich​ ​nehme​ ​bis​ ​Portbail​ ​die​ ​kleine​ ​Nebenstraße. In​ ​der​ ​Stadt​ ​ist​ ​Markt,​ ​aber​ ​nicht​ ​nur​ ​auf​ ​einem​ ​Platz​ ​sondern​ ​die​ ​ganze​ ​​ ​Durchfahrtsstraße nebst​ ​Nebenstraßen.​ ​In​ ​Zeitlupentempo​ ​schiebe​ ​ich​ ​mich​ ​mit​ ​meinem​ ​Rad​ ​durch​ ​die Menschenmassen.​ ​Es​ ​gibt​ ​viel​ ​zu​ ​sehen.​ ​Ein​ ​kleiner​ ​Junge​ ​tritt​ ​immer​ ​wieder​ ​gegen​ ​den Reifen meines​ ​Hinterrades.​ ​Ermahnungen​ ​vom​ ​Vater​ ​fruchten​ ​nichts.​ ​Bong​ ​…​ ​bong​ ​...ich​ ​drehe mich​ ​um​ ​und​ ​sage​ ​“non“​ ​...bong...bong...ich​ ​bleibe​ ​stehen,​ ​dreh​ ​mich​ ​um​ ​und​ ​tu​ ​so,​ ​als wöllte​ ​ich​ ​dem​ ​Kind​ ​auf​ ​den​ ​Schuh​ ​treten.​ ​Ab​ ​da​ ​ist​ ​Ruhe.​ ​Ab​ ​Portbail​ ​nehme​ ​ich​ ​die offizielle​ ​Fahrradroute.​ ​Ist​ ​zwar​ ​ein​ ​Umweg,​ ​dafür​ ​ist​ ​der​ ​Weg​ ​weitgehend​ ​eben.​ ​Kurz​ ​nach

zwölf​ ​bin​ ​ich​ ​am​ ​Ziel.​ ​Die​ ​Burg​ ​in​ ​Saint-Saveur-le-Vicomte​ ​empfängt​ ​mich​ ​geschmückt​ ​.​ ​Es sind​ ​zwar​ ​schon​ ​etliche​ ​Besucher​ ​unterwegs,​ ​aber​ ​halt​ ​nicht​ ​so​ ​viele.​ ​Ich​ ​bummele​ ​an​ ​all den​ ​bunten​ ​Ständen​ ​entlang,​ ​muss​ ​bei​ ​den​ ​Bratwürsten​ ​nicht​ ​anstehen,​ ​gucke​ ​mir Fechtwettkämpfe​ ​an​ ​und​ ​einem​ ​Schmied​ ​zu,​ ​und​ ​habe​ ​bei​ ​der​ ​Vorführung​ ​mittelalterlicher Tänze​ ​einen​ ​Supersitzplatz​ ​auf​ ​der​ ​Wiese,​ ​nämlich​ ​ganz​ ​vorn.​ ​So​ ​kann​ ​ich​ ​einen​ ​der​ ​Tänze komplett​ ​filmen.​ ​Und​ ​dann​ ​wird​ ​es​ ​lustig​ ​-​ ​das​ ​Publikum​ ​soll​ ​mittanzen.​ ​Beim​ ​bunten​ ​Abend bei​ ​den​ ​Probenwochenenden​ ​des​ ​Unichores​ ​ist​ ​so​ ​ein​ ​mittelalterlicher​ ​gemeinsamer​ ​Tanz fast​ ​eine​ ​Pflichtübung,​ ​vor​ ​der​ ​ich​ ​mich​ ​immer​ ​drücke.​ ​Und​ ​was​ ​mache​ ​ich​ ​hier?​ ​Ich​ ​lasse mich​ ​überreden.​ ​So​ ​finde​ ​ich​ ​mich​ ​in​ ​meiner​ ​Fahrradkluft​ ​wieder​ ​zwischen​ ​zwei mittelalterlich​ ​gekleideten​ ​Frauen​ ​und​ ​tanze​ ​mit.​ ​Anfangs​ ​sind​ ​meine​ ​Schritte​ ​zu​ ​groß​ ​und beim​ ​Aufstampfen​ ​nehme​ ​ich​ ​statt​ ​des​ ​rechten​ ​den​ ​linken​ ​Fuß,​ ​weil​ ​mir​ ​das​ ​besser​ ​in​ ​den Ablauf​ ​passt.​ ​Aber​ ​der​ ​Maestro​ ​guckt​ ​genau​ ​überall​ ​hin​ ​und​ ​erwischt​ ​mich​ ​sprichwörtlich​ ​auf dem​ ​falschen​ ​Fuß.​ ​Schnell​ ​gewöhne​ ​ich​ ​mich​ ​aber​ ​daran​ ​und​ ​es​ ​macht​ ​wirklich​ ​Spaß​ ​zu Livemusik​ ​aus​ ​mittelalterlichen​ ​Instrumenten​ ​zu​ ​tanzen.​ ​Als​ ​ich​ ​anschließend​ ​die​ ​Toilette aufsuche,​ ​bin​ ​ich​ ​auch​ ​überrascht.​ ​Man​ ​muss​ ​einen​ ​Becher​ ​mit​ ​Sägespänen​ ​mit​ ​auf's Plumsklo​ ​nehmen.​ ​Das​ ​Schöne​ ​ist,​ ​dass​ ​dort​ ​nichts​ ​stinkt,​ ​wie​ ​man​ ​es​ ​normalerweise​ ​von Dixieklos​ ​gewöhnt​ ​ist.​ ​Gegen​ ​15​ ​Uhr​ ​fahre​ ​ich​ ​zurück​ ​zum​ ​Campingplatz​ ​-​ ​diesmal​ ​Straße​ ​- und​ ​diesmal​ ​sind​ ​es​ ​statt​ ​33​ ​km​ ​nur​ ​23​ ​km.​ ​Dann​ ​wird​ ​schonmal​ ​ein​ ​wenig​ ​Tagebuch geschrieben​ ​und​ ​bei​ ​einem​ ​Bier​ ​gegoogelt​ ​nach​ ​Campingplätzen​ ​für​ ​die Zwischenübernachtung​ ​auf​ ​der​ ​Fahrt​ ​nach​ ​Granville.​ ​Gouville​ ​käme​ ​in​ ​Frage,​ ​aber​ ​da​ ​ist​ ​tote Hose.​ ​Agon-Coutainville​ ​dürfte​ ​etwas​ ​lebhafter​ ​sein​ ​und​ ​wäre​ ​nur​ ​4​ ​km​ ​weiter.​ ​Schaun​ ​mer mal!​ ​Danach​ ​fahre​ ​ich​ ​nochmal​ ​zum​ ​Cap.​ ​Diesmal​ ​laufe​ ​ich​ ​zuerst​ ​unten​ ​am​ ​Strand​ ​um​ ​die Felsen​ ​herum,​ ​muss​ ​dabei​ ​meine​ ​Radlerhosenbeine​ ​ganz​ ​hochziehen,​ ​weil​ ​die​ ​Ebbe​ ​noch nicht​ ​vollständig​ ​ist​ ​und​ ​ich​ ​durch​ ​das​ ​Waser​ ​waten​ ​muss.​ ​Platsch,​ ​ganz​ ​trocken​ ​komme​ ​ich nicht​ ​davon,​ ​aber​ ​die​ ​Hose​ ​ist​ ​nur​ ​ein​ ​bisschen​ ​feucht​ ​und​ ​bald​ ​wieder​ ​trocken.​ ​Dann​ ​geht es​ ​barfuß​ ​hinauf​ ​zum​ ​Wanderweg​ ​und​ ​den​ ​auch​ ​barfuß​ ​weiter​ ​bis​ ​zum​ ​Fahrrad​ ​zurück. Oben​ ​auf​ ​dem​ ​Felsen​ ​packt​ ​mich​ ​beim​ ​Abschiednehmen​ ​das​ ​heulende​ ​Elend.​ ​Jetzt​ ​nach​ ​3 Tagen​ ​kommen​ ​die​ ​Erinnerungen​ ​hoch​ ​-​ ​z.B.​ ​wie​ ​ich​ ​das​ ​erste​ ​Mal​ ​auf​ ​so​ ​eine Schieferplatte​ ​geklettert​ ​bin,​ ​mich​ ​dort​ ​in​ ​der​ ​Sonne​ ​lang​ ​gemacht​ ​habe​ ​und​ ​Rei​ ​hard​ ​mich gesucht​ ​hat​ ​oder​ ​wie​ ​Reinhard​ ​sich​ ​ein​ ​anderes​ ​Mal​ ​beim​ ​Fotografieren​ ​nasse​ ​Füße​ ​geholt hat,​ ​weil​ ​die​ ​Flut​ ​ihn​ ​zwischen​ ​den​ ​Felsen​ ​überrascht​ ​hat.​ ​Ja,​ ​hier​ ​am​ ​Cap​ ​Carteret​ ​waren wir​ ​beide​ ​immer​ ​gern.​ ​Jetzt​ ​war​ ​ich​ ​nun​ ​schon​ ​das​ ​zweite​ ​Mal​ ​allein​ ​hier.​ ​Es​ ​fasziniert​ ​mich immer​ ​wieder.​ ​Vor​ ​allem​ ​kann​ ​man​ ​hier​ ​wirklich​ ​super​ ​sehen,​ ​welche​ ​Naturgewalten​ ​die Felsen​ ​hochgeschoben​ ​haben​ ​müssen. Als​ ​ich​ ​wieder​ ​beim​ ​Fahrrad​ ​bin,​ ​fluche​ ​ich.​ ​Ich​ ​hatte​ ​ausnahmsweise​ ​vergessen,​ ​den​ ​Tacho abzumachen.​ ​Er​ ​ist​ ​zwar​ ​noch​ ​da,​ ​aber​ ​irgendwer​ ​war​ ​dran.​ ​Glücklicherweise​ ​geht​ ​er​ ​immer etwas​ ​schwer​ ​ab.​ ​Ich​ ​bin​ ​üerzeugt,​ ​dass​ ​ihn​ ​jemand​ ​klauen​ ​wollte,​ ​ihn​ ​nicht​ ​abbekommen hat​ ​und​ ​aber​ ​bei​ ​dieser​ ​Aktion​ ​die​ ​Setuptaste​ ​gedrückt​ ​hat.​ ​Es​ ​dauert​ ​ewig,​ ​bis​ ​ich​ ​aus​ ​dem Programm​ ​wieder​ ​raus​ ​bin,​ ​da​ ​ich​ ​nur​ ​versuchen​ ​kann,​ ​mich​ ​zu​ ​erinnern,​ ​denn​ ​ich​ ​habe​ ​die Bedienungsanleitung​ ​nicht​ ​dabei.​ ​Wenigstens​ ​die​ ​Gesamtkilometerzahl​ ​sehe​ ​ich zwischendurch.

 

Mi,​ ​16.08.17

Auf​ ​dem​ ​Emplacement​ ​neben​ ​dem​ ​meinen​ ​quatscht​ ​es​ ​im​ ​Zelt​ ​um​ ​7.42​ ​Uhr.​ ​Nun​ ​gut,​ ​stehe ich​ ​halt​ ​auf​ ​und​ ​packe.​ ​Um​ ​9​ ​Uhr​ ​frühstücke​ ​ich,​ ​halbzehn​ ​kann​ ​ich​ ​auch​ ​das​ ​Zelt​ ​verpacken und​ ​um​ ​10​ ​Uhr​ ​trinke​ ​ich​ ​einen​ ​letzten​ ​grand​ ​cafe​ ​an​ ​der​ ​Bar.​ ​Danach​ ​starte​ ​ich. Nach​ ​Portbail​ ​nehme​ ​ich​ ​die​ ​Nebenstraße,​ ​von​ ​dort​ ​bis​ ​Lessay​ ​den​ ​Fahrradwanderweg​ ​und ab​ ​da​ ​die​ ​Straße​ ​entlang​ ​der​ ​Küste​ ​bis​ ​Agon-Coutainville.​ ​Den​ ​Fahhradweg​ ​kann​ ​ich nehmen,​ ​weil​ ​es​ ​trocken​ ​ist.​ ​Sonst​ ​hätte​ ​ich​ ​auch​ ​da​ ​die​ ​Straße​ ​genommen,​ ​weil​ ​einmal Fahrrad​ ​komplett​ ​reinigen​ ​mir​ ​gereicht​ ​hat.​ ​Außerdem​ ​tun​ ​diese​ ​Kieskrümel​ ​der Gangschaltung​ ​bestimmt​ ​nicht​ ​gut.​ ​Am​ ​Ziel​ ​angekommen​ ​finde​ ​ich​ ​auch​ ​relativ​ ​schnell​ ​den ausgesuchten​ ​Campingplatz.​ ​Er​ ​hatte​ ​im​ ​Internet​ ​gte​ ​Bewertung,​ ​und​ ​das​ ​Wichtigste​ ​-​ ​einen Aufenthaltsraum.​ ​Eventuell​ ​sollte​ ​es​ ​heute​ ​schon​ ​Schauer​ ​geben,​ ​was​ ​sich​ ​a​ ​er​ ​nicht bewahrheitet​ ​hat.​ ​Nach​ ​dem​ ​Zeltaufbau​ ​hole​ ​ich​ ​fix​ ​Milch​ ​und​ ​Baguette,​ ​esse​ ​einen​ ​Kebab avec​ ​frites​ ​und​ ​fahre​ ​nochmal​ ​los​ ​zum​ ​Pointe​ ​Agon.​ ​Dort​ ​soll​ ​es​ ​einen​ ​plage​ ​naturiste​ ​-​ ​auf Deutsch​ ​Nudistenstrand​ ​-​ ​geben,​ ​was​ ​mir​ ​sehr​ ​entgegen​ ​kommt,​ ​da​ ​ich​ ​am​ ​liebsten​ ​nackig baden​ ​gehe.​ ​Ich​ ​finde​ ​ihn​ ​auch,​ ​kraxel​ ​mit​ ​meinem​ ​Rad​ ​unterm​ ​Arm​ ​über​ ​die​ ​Dünen,​ ​ziehe mich​ ​aus​ ​und​ ​ab​ ​geht’s​ ​ins​ ​Wasser.​ ​Hach,​ ​is​ ​dat​ ​schööööön!!!​ ​Hätte​ ​ich​ ​heute​ ​Sex​ ​haben wollen,​ ​dann​ ​wäre​ ​das​ ​kein​ ​Problem.​ ​Das​ ​erste​ ​Mal​ ​werde​ ​ich​ ​von​ ​einem​ ​älteren​ ​Herrn​ ​im Wasser​ ​angequatscht,​ ​das​ ​zweite​ ​Mal​ ​quatscht​ ​mich​ ​einer​ ​an​ ​meinem​ ​Platz​ ​am​ ​Strand​ ​an und​ ​setzt​ ​sich​ ​wartend​ ​genau​ ​neben​ ​mich.​ ​Ich​ ​verlagere​ ​demonstrativ​ ​meinen​ ​Platz​ ​und​ ​er haut​ ​ab. Der​ ​Pointe​ ​Agon​ ​ist​ ​sowas​ ​wie​ ​ne​ ​Landzunge​ ​ins​ ​Meer.​ ​Es​ ​ist​ ​Ebbe​ ​und​ ​man​ ​könnte​ ​jetzt durch​ ​die​ ​Bucht​ ​rüber​ ​nach​ ​Renegade​ ​laufen.​ ​Ansonsten​ ​sind​ ​es​ ​erstmal​ ​vier​ ​km​ ​zurück, scharfe​ ​Kurve​ ​und​ ​dann​ ​wieder​ ​auf​ ​der​ ​anderen​ ​Seite​ ​die​ ​4​ ​km​ ​fahren.​ ​Danach​ ​kehre​ ​ich zum​ ​Campingplatz​ ​zurück,​ ​stelle​ ​mein​ ​Rad​ ​ab,​ ​mache​ ​einen​ ​Abendspaziergang​ ​auf​ ​der Strandpromenade.​ ​Es​ ​ist​ ​tolles​ ​Licht​ ​für​ ​Fotos.​ ​Im​ ​Meer​ ​sieht​ ​man​ ​die​ ​französische​ ​Ile Chaussey​ ​und​ ​die​ ​englische​ ​Insel​ ​Jersey.​ ​Und​ ​man​ ​sieht​ ​eine​ ​Schlechtwetterfront​ ​vom​ ​Meer heranziehen.​ ​Seit​ ​Tagen​ ​kündigt​ ​meine​ ​Wetter-App​ ​für​ ​Donnerstag​ ​Regen​ ​an.

 

Do,​ ​17.08.17

Augen​ ​auf​ ​beim​ ​Einloggen​ ​auf​ ​dem​ ​Campingplatz.​ ​Hatte​ ​ich​ ​doch​ ​gestern​ ​tatsächlich​ ​nicht gesehen,​ ​dass​ ​abends​ ​gleich​ ​neben​ ​dem​ ​Platz​ ​jeden​ ​Tag​ ​Rummel​ ​ist​ ​und​ ​zwar​ ​von​ ​16.30 Uhr​ ​-​ ​24​ ​Uhr.​ ​Bis​ ​nach​ ​23​ ​Uhr​ ​verziehe​ ​ich​ ​mich​ ​in​ ​den​ ​Aufenthaltsraum​ ​uns​ ​spiele​ ​auf​ ​dem Tablet.​ ​Das​ ​setze​ ​ich​ ​später​ ​bis​ ​halb​ ​eins​ ​bei​ ​ner​ ​halben​ ​Flasche​ ​Rotwein​ ​im​ ​Zelt​ ​fort.​ ​Da das​ ​Wetter​ ​mir​ ​gnädig​ ​ist​ ​und​ ​halb​ ​zwölf​ ​Regen​ ​einsetzt,​ ​ist​ ​auch​ ​bald​ ​Ruhe​ ​auf​ ​dem​ ​Platz. Heute​ ​werde​ ​ich​ ​erst​ ​spät​ ​munter,​ ​aber​ ​es​ ​regnet​ ​gerade​ ​nicht​ ​und​ ​es​ ​geht​ ​Wind.​ ​Das​ ​Zelt ist​ ​fast​ ​trocken​ ​und​ ​so​ ​packe​ ​ich​ ​mit​ ​Turbogeschwindigkeit​ ​alles​ ​irgendwie​ ​zusammen,​ ​baue das​ ​Zelt​ ​ab​ ​und​ ​schaffe​ ​alles​ ​in​ ​den​ ​Aufenthaltsraum.​ ​Dort​ ​kann​ ​ich​ ​dann​ ​in​ ​Ruhe​ ​alles richten​ ​und​ ​frühstücken.​ ​Zwei​ ​Stunden​ ​nach​ ​dem​ ​Erwachen​ ​fahre​ ​ich​ ​los​ ​in​ ​Richtung Granville.​ ​Nach​ ​wenigen​ ​100​ ​Metern​ ​setzt​ ​der​ ​Regen​ ​wieder​ ​ein​ ​und​ ​begleitet​ ​mich​ ​als Niesel​ ​weiter​ ​fast​ ​bis​ ​zum​ ​Ziel.​ ​Vor​ ​Mont​ ​Martin​ ​sur​ ​Mer​ ​gibt​ ​es​ ​sogar​ ​kurz​ ​einen Fahrradweg​ ​-​ ​leider​ ​mit​ ​diesem​ ​Gemisch,​ ​was​ ​sich​ ​bei​ ​Nässe​ ​so​ ​schön​ ​überal​ ​festsetzt.​ ​Ich bin​ ​heute​ ​froh,​ ​dass​ ​ich​ ​vor​ ​einem​ ​Jahr​ ​herausgefunden​ ​habe,​ ​dass​ ​man​ ​nicht​ ​erst​ ​den Riesenkanten​ ​von​ ​Breville​ ​nach​ ​Donville​ ​hoch​ ​muss,​ ​wenn​ ​man​ ​zu​ ​dem​ ​von​ ​mir​ ​anvisierten Campingplatz​ ​will.​ ​Freudig​ ​fahre​ ​ich​ ​die​ ​kleine​ ​Nebenstraße,​ ​die​ ​beide​ ​Orte​ ​verbindet.​ ​Die Rezeption​ ​hat​ ​Mittagspause,​ ​aber​ ​mein​ ​Emplacement,​ ​das​ ​ich​ ​belegen​ ​möchte,​ ​ist​ ​frei​ ​und so​ ​installiere​ ​ich​ ​mich​ ​schonmal,​ ​wasche​ ​meine​ ​durchgeschwitzte​ ​Wäsche​ ​und​ ​dusche. Heute​ ​Morgen​ ​gab​ ​es​ ​nämlich​ ​nur​ ​Katzenwäsche,​ ​weil​ ​Duschen​ ​extra​ ​gekostet​ ​hätte. An​ ​der​ ​Rezeption​ ​werde​ ​ich​ ​wieder​ ​erkannt,​ ​als​ ​sie​ ​dann​ ​offen​ ​ist.​ ​Dann​ ​fahre​ ​ich​ ​erstmal einkaufen​ ​zu​ ​LeClerc.​ ​Ich​ ​will​ ​es​ ​mir​ ​nochmal​ ​so​ ​richtig​ ​gut​ ​gehen​ ​lassen.​ ​Was​ ​nicht mitspielt​ ​ist​ ​mein​ ​Fahrrad.​ ​Dreimal​ ​springt​ ​mir​ ​bei​ ​Schaltversuchen​ ​die​ ​Kette​ ​vom​ ​vorderen Ritzel.​ ​Ich​ ​gucke​ ​mir​ ​das​ ​genauer​ ​an​ ​und​ ​sehe,​ ​dass​ ​hinten​ ​beim​ ​Umschalter​ ​schon​ ​wieder eine​ ​dicke​ ​Dreckschicht​ ​ist.​ ​Mittels​ ​einem​ ​Stöckchen​ ​puhle​ ​ich​ ​den​ ​Dreck​ ​heraus​ ​und​ ​siehe: schalten​ ​funktioniert​ ​wieder.​ ​Nach​ ​dem​ ​Einkaufen​ ​laufe​ ​ich​ ​nochmal​ ​los​ ​nach​ ​Granville,​ ​gehe durch​ ​die​ ​Straßen​ ​und​ ​Gassen​ ​und​ ​dann​ ​zurück​ ​zum​ ​Campingplatz​ ​nach​ ​Donville.​ ​Es​ ​sind zwei​ ​Städte,​ ​die​ ​nahtlos​ ​ineinander​ ​übergehen. Abends​ ​um​ ​10​ ​Uhr​ ​gehe​ ​ich​ ​nochmal​ ​zum​ ​Strand​ ​-​ ​sind​ ​ja​ ​nur​ ​100​ ​Meter.​ ​Kaum​ ​bin​ ​ich​ ​dort, fängt​ ​es​ ​an​ ​zu​ ​pieseln.​ ​Ich​ ​sprinte​ ​zum​ ​Zelt​ ​und​ ​verkrieche​ ​mich​ ​da.

 

Fr,​ ​18.08.17

Der​ ​letzte​ ​volle​ ​Urlaubstag​ ​ist​ ​angebrochen.​ ​Ich​ ​werde​ ​spät​ ​wach,​ ​aber​ ​noch​ ​vor​ ​neun.​ ​Es​ ​ist windig​ ​und​ ​daher​ ​das​ ​Zelt​ ​trotz​ ​nächtlichem​ ​Regen​ ​trocken.​ ​Dazu​ ​war​ ​es​ ​ziemlich​ ​warm​ ​in der​ ​Nacht.​ ​Schön,​ ​wenn​ ​man​ ​nicht​ ​packen​ ​muss.​ ​Ich​ ​beziehe​ ​Lager​ ​vorm​ ​Zelt​ ​und frühstücke.​ ​Dabei​ ​habe​ ​ich​ ​eine​ ​Live-Show,​ ​wie​ ​man​ ​etwas​ ​umständlich​ ​sein​ ​Anhängerzelt zusammenpacken​ ​kann.​ ​Irgendwie​ ​habe​ ​ich​ ​heute​ ​keinen​ ​Appetit.​ ​Ein​ ​Drittel​ ​von​ ​meinem halben​ ​Baguette​ ​wandert​ ​in​ ​den​ ​Abfall.​ ​Nach​ ​dem​ ​Duschen​ ​biete​ ​ich​ ​Nachbars​ ​an,​ ​dass​ ​sie meine​ ​Wäscheleine​ ​mitbenutzen​ ​können.​ ​Sie​ ​haben​ ​zwar​ ​ein​ ​großes​ ​Zelt​ ​aber​ ​keine​ ​Leine. Ich​ ​bekomme​ ​dafür​ ​eine​ ​Sitzgelegenheit​ ​angeboten,​ ​die​ ​ich​ ​aber​ ​ablehne,​ ​weil​ ​ich​ ​gerade los​ ​will​ ​-​ ​ohne​ ​Fahrrad!​ ​Ich​ ​laufe​ ​nach​ ​Granville​ ​zum​ ​Bahnhof​ ​ganz​ ​gemütlich,​ ​aber​ ​es​ ​bietet sich​ ​kein​ ​Ziel​ ​an.​ ​Dann​ ​spiele​ ​ich​ ​mit​ ​dem​ ​Gedanken,​ ​mit​ ​dem​ ​Mittagsschiff​ ​zur​ ​Ile​ ​Chaussey nochmal​ ​zu​ ​fahren​ ​und​ ​schlurfe​ ​in​ ​Richtung​ ​Hafen,​ ​mir​ ​dabei​ ​die​ ​Auslagen​ ​in​ ​den Schaufenstern​ ​ansehend.​ ​Vielleicht​ ​finde​ ​ich​ ​was​ ​Schönes​ ​zum​ ​Anziehen.​ ​Ist​ ​aber​ ​alles​ ​zu teuer​ ​oder​ ​zu​ ​klein.​ ​Inzwischen​ ​ist​ ​es​ ​halb​ ​eins.​ ​Ich​ ​wollte​ ​doch​ ​schon​ ​immer​ ​mal​ ​in Frankreich​ ​Moules​ ​et​ ​Frites​ ​essen.​ ​Ich​ ​finde​ ​ein​ ​Restaurant​ ​im​ ​Hafen,​ ​das​ ​das​ ​Gericht​ ​in einer​ ​mir​ ​genehmen​ ​Preisklasse​ ​anbietet.​ ​Ich​ ​werde​ ​draußen​ ​platziert​ ​-​ ​nur​ ​dass​ ​mir​ ​der Platz​ ​nicht​ ​gefällt,​ ​da​ ​unmittelbar​ ​neben​ ​mir​ ​vier​ ​laut​ ​schnatternde​ ​Franzosen​ ​sitzen.​ ​Ich fühle​ ​mich​ ​etwas​ ​verloren​ ​und​ ​werde​ ​auch​ ​ewig​ ​nicht​ ​bedient.​ ​Nach​ ​zehn​ ​Minuten​ ​gehe​ ​ich und​ ​finde​ ​nur​ ​ein​ ​paar​ ​Meter​ ​weiter​ ​ein​ ​anderes​ ​Restaurant,​ ​wo​ ​ich​ ​einen​ ​Tisch​ ​allein​ ​und mehr​ ​Distanz​ ​zu​ ​den​ ​Nachbarn​ ​habe.​ ​Außerdem​ ​ist​ ​die​ ​​ ​Bestuhlung​ ​wesentlich​ ​bequemer. Warten​ ​muss​ ​ich​ ​zwar​ ​auch​ ​eine​ ​Weile,​ ​aber​ ​hier​ ​tu​ ​ich​ ​das​ ​gern.​ ​Ich​ ​bestelle​ ​mir​ ​einen Viertelliter​ ​Rosewein​ ​und​ ​marinierte​ ​Moules​ ​a​ ​la​ ​creme​ ​und​ ​frites.​ ​Einen​ ​Liter​ ​Wasser​ ​gibt​ ​es gratis​ ​dazu​ ​und​ ​was​ ​zum​ ​Knabbern​ ​auch.​ ​Das​ ​Gute​ ​am​ ​Warten​ ​ist,​ ​dass​ ​ich​ ​beobachten kann,​ ​wie​ ​​ ​man​ ​das​ ​Gericht​ ​isst.​ ​So​ ​bin​ ​ich​ ​gut​ ​gewappnet,​ ​als​ ​mein​ ​Essen​ ​kommt.​ ​Es schmeckt​ ​wirklich​ ​lecker​ ​und​ ​die​ ​Muscheln​ ​sind​ ​hier​ ​wirklich​ ​fangfrisch.​ ​Hinterher​ ​gibt​ ​es noch​ ​einen​ ​cafe​ ​(Espresso)​ ​und​ ​zum​ ​Bezahlen​ ​muss​ ​man​ ​nicht​ ​auf​ ​die​ ​Bedienung​ ​warten sondern​ ​bezahlt​ ​drin​ ​an​ ​der​ ​Theke.​ ​Am​ ​Nachbartisch​ ​waren​ ​hier​ ​übrigens​ ​zwei​ ​ältere​ ​Damen und​ ​da​ ​ich​ ​hier​ ​immer​ ​sehr​ ​höflich​ ​und​ ​freundlich​ ​bin,​ ​haben​ ​sie​ ​sogar​ ​mir​ ​angeboten,​ ​als​ ​ich ein​ ​Foto​ ​von​ ​meinem​ ​Esen​ ​machte,​ ​mich​ ​zu​ ​fotografieren.​ ​Ich​ ​fand​ ​das​ ​wirklich​ ​nett.​ ​Nach dem​ ​Essen​ ​muss​ ​ich​ ​erstmal​ ​ausnüchtern.​ ​Wein​ ​am​ ​Mittag​ ​bin​ ​ich​ ​nicht​ ​gewohnt.​ ​Ich​ ​stapfe hinauf​ ​in​ ​die​ ​historische​ ​Altstadt,​ ​spaziere​ ​dort​ ​herum​ ​und​ ​laufe​ ​die​ ​Treppen​ ​hinunter​ ​in​ ​die normale​ ​Stadt,​ ​damit​ ​ich​ ​nach​ ​Passieren​ ​der​ ​Strandpromenade​ ​die​ ​Treppen​ ​nach​ ​Donville wieder​ ​hochsteigen​ ​kann.​ ​Diese​ ​kommen​ ​genau​ ​im​ ​Garten​ ​und​ ​am​ ​Haus​ ​von​ ​Christian​ ​Dior heraus.​ ​So,​ ​und​ ​heute​ ​besuche​ ​ich​ ​endlich​ ​das​ ​Museum.​ ​Es​ ​ist​ ​viel​ ​zum​ ​Leben​ ​von​ ​Dior​ ​zu erfahren​ ​und​ ​viele​ ​seiner​ ​Kreationen​ ​zu​ ​sehen.​ ​Fotografieren​ ​ist​ ​verboten,​ ​aber​ ​die​ ​meisten machen​ ​heimlich​ ​Bilder.​ ​Ich​ ​spiele​ ​Paparazza​ ​und​ ​benutze​ ​als​ ​Tarnung​ ​für​ ​die​ ​Kamera​ ​den Musemsführer.​ ​Anschließend​ ​kehre​ ​ich​ ​zum​ ​Platz​ ​zurück,​ ​schnappe​ ​mir​ ​mein​ ​Velo​ ​und​ ​fahre zu​ ​LeClerc​ ​Mitbringsel​ ​kaufen.​ ​Witzig ist, dass ich heute nach mehreren Zelttouren endlich einen dieser kleinen leichten platzsparenden Campingkocher preiswert erwerben konnte – am letzten Urlaubstag. In Frankreich sind die billiger als in Deutschland. Habe ich halt für nächstes Jahr vorgesorgt. Später​ ​höre​ ​ich​ ​eine​ ​Weile​ ​der​ ​Band​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​zu​ ​-​ ​es​ ​ist jeden​ ​Tag​ ​eine​ ​andere​ ​und​ ​zwar​ ​nur​ ​von​ ​16​ ​-​ ​19.30​ ​Uhr​ ​-​ ​und​ ​gehe​ ​am​ ​Strand​ ​spazieren. Man​ ​wird​ ​heute​ ​so​ ​richtig​ ​durchgepustet.​ ​Nach​ ​dem​ ​Abendbrot​ ​gehe​ ​ich​ ​nochmal​ ​zum Strand​ ​Abschied​ ​nehmen.​ ​Ich​ ​s​ ​haue​ ​der​ ​langsam​ ​versinkenden​ ​Sonne​ ​zu​ ​und​ ​sitze​ ​dabei​ ​in einer​ ​windgeschützten​ ​Ecke​ ​eines​ ​Hauses.​ ​Und​ ​dann​ ​muss​ ​ich​ ​einfach​ ​nochmal​ ​zum Wasser​ ​und​ ​mit​ ​den​ ​Füßen​ ​rein. Für​ ​morgen​ ​stelle​ ​ich​ ​mir​ ​meinen​ ​Handywecker​ ​so​ ​ein,​ ​dass​ ​er​ ​ab​ ​acht​ ​alle​ ​Viertelstunde Alarm​ ​schlägt,​ ​da​ ​ich​ ​nicht​ ​weiß,​ ​wann​ ​ich​ ​heute​ ​in​ ​den​ ​Schlaf​ ​kommen​ ​werde,​ ​weil​ ​das Pärchen​ ​im​ ​Nachbarzelt,​ ​das​ ​heute​ ​angereist​ ​ist,​ ​ewig​ ​als​ ​einzige​ ​auf​ ​dem​ ​Platz​ ​noch​ ​laut quasselt.

 

Sa,​ ​19.08.17

Halb​ ​zwölf​ ​war​ ​nebenan​ ​Ruhe,​ ​aber​ ​ich​ ​habe​ ​unruhig​ ​geschlafen.​ ​Um​ ​7.45​ ​Uhr​ ​krieche​ ​ich aus​ ​meinem​ ​Schlafsack​ ​und​ ​fange​ ​in​ ​Ruhe​ ​an​ ​zu​ ​kramen​ ​und​ ​zu​ ​packen.​ ​Das​ ​wird​ ​wieder eine​ ​logistische​ ​Meisterleistung,​ ​denn​ ​ich​ ​habe​ ​ja​ ​gestern​ ​noch​ ​Sachen​ ​eingekauft​ ​und​ ​der Rucksack​ ​was​ ​eh​ ​schon​ ​immer​ ​voll.​ ​Und​ ​ich​ ​muss​ ​ja​ ​alles​ ​so​ ​verstauen,​ ​dass​ ​ich​ ​in​ ​Paris noch​ ​durch​ ​die​ ​Stadt​ ​fahren​ ​kann​ ​und​ ​dass​ ​ich​ ​auch​ ​alles​ ​schnell​ ​fest-​ ​und​ ​entzurren​ ​kann, da​ ​ich​ ​ja​ ​mein​ ​Rad​ ​falten​ ​muss.​ ​Schließlich​ ​muss​ ​ich​ ​ja​ ​in​ ​zwei​ ​Züge​ ​einsteigen​ ​und aussteigen.​ ​10.16​ ​Uhr​ ​starte​ ​ich​ ​dann​ ​und​ ​bin​ ​ne​ ​halbe​ ​Stunde​ ​später​ ​am​ ​Bahnhof.​ ​Habe zwar​ ​jetzt​ ​noch​ ​eine​ ​Stunde​ ​Zeit,​ ​aber​ ​die​ ​kann​ ​ich​ ​mit​ ​dem​ ​Tablet​ ​vertrödeln.​ ​Im​ ​Zug​ ​habe ich​ ​zwar​ ​eine​ ​Platzkarte,​ ​ich​ ​suche​ ​mir​ ​aber​ ​einen​ ​schöneren​ ​Platz,​ ​den​ ​mir​ ​auch​ ​keiner streitig​ ​macht.​ ​Ich​ ​spiele​ ​Spider​ ​Solitär​ ​und​ ​gucke​ ​mir​ ​bis​ ​Flers​ ​nochmal​ ​die​ ​Landschaft​ ​an, erinnere​ ​mich​ ​zurück​ ​an​ ​die​ ​hier​ ​verbrachte​ ​Zeit.​ ​Der​ ​Fahrkartenkontrolleur​ ​kommt.​ ​Ohwei, ich​ ​hätte​ ​mein​ ​Ticket​ ​abstempeln​ ​müssen,​ ​obwohl​ ​ja​ ​eigentlich​ ​es​ ​nur​ ​für​ ​diese​ ​Fahrt​ ​gilt. Aber​ ​der​ ​Mann​ ​ist​ ​sehr​ ​nett​ ​und​ ​entwertet​ ​es​ ​mir.​ ​Das​ ​hätte​ ​ich​ ​mal​ ​in​ ​Deutschland​ ​erleben wollen.​ ​Mein​ ​Fahrrad​ ​baue​ ​ich​ ​schon​ ​im​ ​Zug​ ​wieder​ ​zusammen​ ​und​ ​zurre​ ​das​ ​Gepäck​ ​drauf fest.​ ​So​ ​steige​ ​ich​ ​in​ ​Paris-Montparnasse​ ​abfahrbereit​ ​aus​ ​dem​ ​Zug.​ ​Diesmal​ ​fahre​ ​ich​ ​zum Gare-du-Nord​ ​keine​ ​Umwege​ ​wie​ ​im​ ​letzten​ ​Jahr,​ ​sause​ ​aber​ ​daran​ ​vorbei.​ ​Merke​ ​es​ ​aber an​ ​der​ ​nächsten​ ​Kreuzung​ ​und​ ​kehre​ ​wieder​ ​um.​ ​An​ ​der​ ​Personen-​ ​und​ ​Gepäckkontrolle stehe​ ​ich​ ​fast​ ​ganz​ ​vorn,​ ​allerdings​ ​macht​ ​der​ ​Oberaufseher​ ​seinem​ ​Job​ ​alle​ ​Ehre.​ ​Ich​ ​muss mein​ ​Rad​ ​vorher​ ​schon​ ​falten.​ ​Da​ ​ich​ ​aber​ ​weiß,​ ​dass​ ​ich​ ​bis​ ​zu​ ​meinem​ ​Waggon​ ​noch​ ​ewig den​ ​Bahnsteig​ ​lang​ ​laufen​ ​werden​ ​muss,​ ​klappe​ ​ich​ ​es​ ​unmittelbar​ ​danach​ ​wieder auseinander,​ ​hänge​ ​das​ ​Gepäck​ ​über​ ​den​ ​Lenker​ ​und​ ​kann​ ​so​ ​entspannt​ ​bis​ ​zum​ ​Waggon laufen.​ ​Ich​ ​bin​ ​froh,​ ​als​ ​ich​ ​endlich​ ​alles​ ​verstaut​ ​habe​ ​und​ ​sitze.​ ​Gleich​ ​nach​ ​Abfahrt​ ​gibt​ ​es einen​ ​kleinen​ ​Imbiss.​ ​Ich​ ​entscheide​ ​mich​ ​für​ ​eine​ ​Art​ ​herzhaftes​ ​Eclair​ ​mit Kräuter-Lachscreme​ ​und​ ​einen​ ​Tee. Später gibt es noch das ganz normale Abendmenu bestehend aus Brötchen und Käse, Couscous mit Chicken und dazu marinierter Salat und als Nachtisch ein sehr schokoladiges Teilchen mit wahlweise Tee oder Café. Dazu genehmige ich mir ein kleines Fläschchen Rosé und später noch ein Döschen Schweppes. Ich liebe es, im Thalys in der ersten Klasse zu reisen, weil da die Verpflegung im Preis enthalten ist.

Ab Köln ist kein Service mehr und der Zug schon relativ leer, was ich dazu nutze, bis Düsseldorf meine Fahrrad auseinander zu falten und schon das Gepäck darauf zu schnüren.

Pünktlich kommen wir in Düsseldorf an, 20 Minuten später fährt meine S-Bahn. Schon auf dem Bahnsteig und fortgesetzt in der S-Bahn muss ich drei interessierten Menschen meines Alters, die auch gern Rad fahren, alles genau erzählen. Als ich in Düsseldorf-Benrath aussteige, treffe ich noch eien Bekannten, dem ich in der Unterführung noch eine Viertelstunde lang Bericht erstatten muss und Viertel vor 11 bin ich endlich daheim, wo ich mir da einen Vergleich mit einem Schwarzafrikaner gefallen lassen muss.

 

Es war wie immer eine schöne Reise – auch wenn ich diesmal so einigen Wetterkapriolen trotzen musste, mit Verletzungen und Zähnen zu kämpfen hatte und die Defekthexe mehrfach zuschlug.

Ich wurde oft bewundert und bestaunt, dass ich so allein unterwegs bin. Der Vorteil daran ist, dass ich alle Freiheiten habe und auch nie ohne Unterhaltung bleibe, da ich eben mit dem kleinen Faltrad das Ganze mache. Das ist schon immer ein Anhaltspunkt, ins Gespräch zu kommen. Die Leute suche oft den elektrischen Antrieb, den mein Rad aber nunmal nicht hat.

Und ich bin stolz darauf, dass ich meinen inneren Schweinehund einige male besiegt habe.

 

 

 

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